Extremkletterer Stefan Glowacz zu Gast im Modeon Marktoberdorf (bif).'Schuld am Bergsteigen waren meine Eltern!', mit diesem unerwarteten Einstieg eröffnete Stefan Glowacz, der bekannte Extremkletterer, seinen Diavortrag in Marktoberdorf. Die Alpenvereinssektion Allgäu-Immenstadt hatte den Grainauer anlässlich ihres 125-jährigen Bestehens ins Modeon eingeladen. Knapp 300 Zuschauer waren dieser Einladung gefolgt und sahen teils atemberaubende Bilder, unter anderem von Expeditionen zu den steilsten Bergen und Wänden Grönlands und der Antarktis.
Im Vorfeld hatten die jüngsten Marktoberdorfer Alpenvereinsmitglieder die Möglichkeit, ihren 'Star' während einer Autogramm- und Fragestunde hautnah zu erleben. Auf die Frage wie er sich fit halte, antwortete Glowacz schlagfertig: 'Mit viel Weißbier!', erst nachdem sich das Gelächter gelegt hatte, erfuhren die Nachwuchskletterer, dass er mittlerweile seit 16 Jahren dreimal die Woche trainiert. Den Leuterschacher Emanuel Fritz interessierte, ob das große Vorbild schon einmal 'Free-Solo', also ohne Seilsicherung, geklettert sei. Glowacz bejahte zögernd: 'Wir sind damals in 300 Meter lange Touren ohne Seil eingestiegen aber wir hatten riesengroßes Glück: Wir dachten, wir sind unsterblich!' Spätestens nach einem Griffausbruch und einem Sturz aus acht Metern Höhe, bei dem er sich die Ferse zertrümmerte und den Meniskus beschädigte, hat er diese gefährliche Spielform des Bergsports wieder aufgegeben.
Der Diavortrag mit dem aussagekräftigen Titel 'Der Weg ist das Ziel', begann mit einem Rückblick. Über seine bergbegeisterten Eltern und den Deutschen Alpenverein (DAV) kam der gelernte Werkzeugmacher zum Klettern. 'Zu Beginn waren wir viel im Wettersteingebirge unterwegs Klettern war damals das reine Abenteuer für uns!'. Aus einem Kletterurlaub in den USA brachte Glowacz den Freiklettergedanken mit nach Hause. Eher zufällig nahm er dann 1985 an dem weltweit ersten Kletterwettkampf in Bardonecchia teil und konnte diesen prompt für sich entscheiden. Seine außergewöhnliche Karriere als Wettkampfkletterer beendete er 1993 mit dem Titel des Vizeweltmeisters.
Glowacz, der sich selbst als Hochleistungsindividualisten bezeichnet, wandte sich wieder dem Klettern am natürlichen Fels zu. Seine Reisen führten ihn bis nach Südafrika, wo er in landschaftlich grandioser Umgebung seinem Sport nachging.
In letzter Zeit war der Ausnahmekönner allerdings eher in kälteren Gefilden beschäftigt. Die Zuschauer sahen imponierende Kletterimpressionen aus Grönland und der Antarktis, wobei die Hauptschwierigkeit dieser Unternehmungen überraschenderweise in einem anderen Bereich zu finden waren. Denn Glowacz und sein Team bemühen sich, ihre Expeditionen ohne fremde Hilfe durchzuführen ('by fair means'). Konkret bedeutet dies, dass sich die Kletterer nicht mit Helikoptern oder Flugzeugen an ihren Berg fliegen lassen, sondern einen mühsamen An- und Abmarsch in Kauf nehmen. In Kanada waren Kajaks die Beförderungsmittel. Um in die Antarktis zu gelangen, durchsegelten die Abenteurer erst die berühmt-berüchtigte Drake-Passage. In diesem Zusammenhang hat Stefan Glowacz eine Grundeinstellung seiner Eltern übernommen: 'Eine erfolgreiche Bergtour endet nicht auf dem Gipfel, sondern daheim auf dem Sofa.' Der Weg ist eben das Ziel.