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Ansehen der Justiz beschädigt

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Ansehen der Justiz beschädigt

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    Ansehen der Justiz beschädigt
    Ansehen der Justiz beschädigt Foto: ralf lienert

    Kempten | az | Im Zusammenhang mit der Überwachung des Waltenhofener Kommunalpolitikers Gerd Fuchsluger wurde vor kurzem bekannt, dass an der Observierung der Kemptener Amtsrichter Wolfgang Bourier maßgeblich beteiligt war. Wir sprachen mit dem ehemaligen Kemptener Amtsgerichtsdirektor Gerhard Dambeck (2000 bis 2006) über Verhaltensmaßstäbe für Richter.

    Herr Dambeck, Sie haben sich als amtierender Amtsgerichtsdirektor wiederholt zu den Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit geäußert. In Ihrer Abschiedsrede haben Sie das richterliche Berufsethos als eine der wichtigsten Säulen unserer Gesellschaft bezeichnet. Stehen Sie auch heute noch dazu?

    Dambeck: Natürlich, ohne wenn und aber.

    Werden an Richter im Privatleben andere Maßstäbe angesetzt als an Normalbürger?

    Dambeck: Auch ein Richter ist ein Mensch wie jeder andere. Aber: das Berufsethos des Richters gibt ihm eine Vorbildfunktion auf, die auch im Privatleben praktiziert werden sollte. Dieses Ethos steht für die Glaubwürdigkeit der Richterschaft und ist daran orientiert, dass der Beruf des Richters vom Verfassungsgeber und unserer Gesellschaft mit hohen Vertrauenserwartungen versehen ist. Die richterliche Unabhängigkeit ist nicht Selbstzweck, sondern Verpflichtung zu verantwortungsvollem Gebrauch und zur Mäßigung (siehe auch Infokasten, Red.). Da ein Richter berufen ist, über das Schicksal und die Belange anderer zu urteilen, ist hier die Messlatte zu Recht hoch angesetzt,

    Oft wird auch von richterlicher Freiheit gesprochen. Ist das mehr als Unabhängigkeit?

    Dambeck: Nein, es bleibt sich gleich, ob man von Unabhängigkeit oder Freiheit spricht. Beides birgt die Gefahr in sich, dass menschliche Unzulänglichkeiten wie Eitelkeit, Rechthaberei oder Arroganz sich verstärken. Das sollte sich ein Richter immer selbstkritisch vor Augen führen.

    Was ist mit einem Richter, der in seiner Freizeit einen Mitbürger über Monate systematisch überwacht. Erfüllt der noch seine Vorbildfunktion?

    Dambeck: Die Menschen müssen darauf vertrauen können, einen neutralen, unabhängigen Richter anzutreffen. Dieses Vertrauen wird aber erschüttert, wenn ein Richter in einem sensiblen Privatbereich eine Distanzgrenze überschreitet. Der rechtsuchende Bürger befürchtet dann mit gutem Grund, dass dem Richter auch bei seiner Amtstätigkeit die nötige Distanz fehlt, um neutral zu urteilen.

    Wie sieht es denn mit der Rechtslage aus: Ist es eigentlich verboten, einen Mitbürger zu überwachen, Fotos und Skizzen seines Hauses anzufertigen?

    Dambeck: So wie ich den Sachverhalt kenne, liegt ein Straftatbestand nicht vor.

    Beschädigt ein Richter, der so etwas tut, das Ansehen der Justiz?

    Dambeck: Nach meiner Auffassung ja.

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