Der Lindenberger Löwensaal bis zum Bersten voll, die Stimmung überbordend. So ist das halt, wenn sich der Hans Well die Ehre gibt. Eigentlich schaut der ja kreuzbrav aus. Aber was tut er? Derblecken. 35 Jahre als Biermösl-Blosn mit seinen Brüdern. Und nach dem Auflösen der Formation macht der Hans lustig weiter. Mit neuen Gesichtern. Mit Leuten, die auch gut blosn können. Als da wären Monika Drasch (geübt durch Bayrisch Diatonischen Jodel-Wahnsinn und Hubert von Goisern), die nicht nur optisch Farbe in das neue Trio bringt, und Michi von Mücke ('Kofelgschroa'), der schon rein altersmäßig für einen Frischzelleneffekt sorgt. Das anarchische Bayern-Gen bringen Niederbayerin und Oberammergauer mit in die neue Familie, instrumental und stimmlich sind sie der Verschmelzung von Volkes Musik und spitzen Kabarettpfeilen mehr als gewachsen. Die Liedtexte liefert wie gewohnt Hans Well.
Traute Zweisamkeit
Hat er irgendwo einen Auftritt, schaut er sich Ort und Umgebung zwecks Lokalkolorit im Programm schon vorher mal an. Das Westallgäu hat hier ja durchaus einige Alleinstellungsmerkmale zu bieten. Unter anderem die traute Zweisamkeit von Pater Pio und Spielhölle auf dem Parkplatz der Gebetsstätte Wigratzbad. Well hat auch den Skywalk in Scheidegg entdeckt, dessen Taufname ja schon irgendwie baumwipfliger oder katholischer hätte ausfallen können. In Lindenberg hat er festgestellt, dass man nach Oberstaufen gehen muss, wenn man was Aufregendes erleben will.
Aber am liebsten singt er natürlich Loblieder auf Hausen, wo er 'dahoam' ist, berichtet von den 15:1-Abstimmungen im Gemeinderat, denn einen hat es halt immer, der dagegen ist, auch gegen den neuen Löschzug der Feuerwehr. Aber 'wenn sei Hüttn brennt, wird er schong sehen'.
Kleine Politik, große Politik, Kirche und der Papst, der bei der Besetzung des Bischofsamtes in Augsburg beweist, dass er nicht unfehlbar ist: Well walkt sie alle durch. Er vergisst auch die Griechen nicht und den Dobrindt und den Islam. Der ganz normale Bürgeralltag wird ebenfalls in Verse gegossen. Bei der rasanten Vater- und Sohn-Fahrt (Hans und Michi) zum Kindergarten steht der Erlkönig Pate (worin er schon einige Erfahrung hat, der Erlkönig ).

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Von Lied zu Lied wechseln die Instrumente. Well an Gitarre, Quetsche und Drehleier, von Mücke an Kontrabass, Tuba und Maultrommel, Drasch an grüner Geige, an Zither, Saxophon und überhaupt allem, was Töne hervorbringt – da ist Musik drin. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, möchte man mit Hermann Hesse sprechen, wenn man die Blasmusik-Frühstadium-Nummer der drei mitverfolgt. Sie können sich, sie können andere auf die Schippe nehmen. Was prächtig ankommt beim Lindenberger Publikum, das der Schwüle im Löwensaal trotzt. Die drei dürfen erst nach zwei mit lautem Gejubel und wildem Applaus erklatschten Zugaben ziehen.