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Amtsgericht Memmingen: Ehemaliger Geschäftsführer soll höhere Löhne auf Familienangehörige aufgeteilt haben

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Amtsgericht Memmingen: Ehemaliger Geschäftsführer soll höhere Löhne auf Familienangehörige aufgeteilt haben

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    Amtsgericht Memmingen: Ehemaliger Geschäftsführer soll höhere Löhne auf Familienangehörige aufgeteilt haben
    Amtsgericht Memmingen: Ehemaliger Geschäftsführer soll höhere Löhne auf Familienangehörige aufgeteilt haben Foto: Jens Wolf (Zentralbild)

    Wegen Vorenthalt und Veruntreuung von Arbeitnehmerentgelten steht derzeit ein ehemaliger Geschäftsführer mehrerer Unternehmen im östlichen Landkreis vor dem Amtsgericht in Memmingen. Oberstaatsanwältin Renate Thanner wirft dem Kaufmann vor, durch Trickserei mit 400-Euro-Jobs zwei Krankenkassen um rund 74 000 Euro an Beiträgen betrogen zu haben. Dabei handelt es sich in diesem Prozess um zwei Fälle, die vom Zoll aufgedeckt wurden. Der nun im Ruhestand befindliche Angeklagte versicherte dagegen, von den Vorgängen in seinen Abteilungen nichts gewusst zu haben. Anscheinend habe er das 'System' übernommen, die Abteilungsleiter hätten – wie in den Unternehmen üblich – so verfahren.

    Nicht ganz einfach ist es für Richter Dieter Klotz, Licht ins Dunkel zu bringen, zumal die Unternehmen mehrmals den Namen wechselten. So viel dürfte nach dem ersten Verhandlungstag aber klar sein: In den Betrieben waren sogenannte Telefonistinnen auf 400-Euro-Basis von zu Hause aus tätig. Sie stellten Kontakte zu Sportvereinen her, mit dem Ziel, dort Verkaufsveranstaltungen durchzuführen. Die Termine gaben sie dann an die zuständigen Verkäufer weiter. Für jeden vereinbarten Termin bekamen sie eine Prämie, bei Erfolg gab es nochmals Zuwendungen. Das Geschäft wuchs und so gab es Monate, in denen die 400 Euro schnell erreicht waren.

    Um nun eine Anmeldung als reguläre Arbeitskraft mit entsprechenden Lohnsteuer- und Sozialabgaben zu vermeiden, entstanden laut Klotz Phantomarbeitsplätze, sprich Familienangehörige wurden ebenfalls als 400-Euro-Jobber geführt, ohne jemals für die Unternehmen tätig zu sein. Die Allgemeinheit sei bewusst hinters Licht geführt worden, sagte Oberstaatsanwältin Thanner.

    Zwei Fälle verhandelt

    Verhandelt wurden zwei Fälle. Bei der Befragung der Mutter einer Telefonistin, die im Ruhrgebiet wohnt, wurde deutlich, dass sie weder das Unternehmen noch irgendwelche Mitarbeiter kennt. Allerdings verweigerte sie – wie viele weitere Zeugen an diesem Tag – aus 'Selbstschutz' tiefer gehende Aussagen. Der Richter versuchte herauszufinden, auf wessen Anordnung diese 'Phantomverträge' zustande kamen.

    Der Angeklagte, von 2000 bis 2009 Geschäftsführer, beteuerte, dass die Geschäftsabläufe bei Übernahme funktioniert hätten und er der Meinung gewesen sei, 'dass er sich um Details nicht zu kümmern' brauche.

    Eines wurde jedoch deutlich: In den Unternehmen wurde schon in den 1980er Jahren so gearbeitet. Für den Angeklagten spricht auch, dass er nach einer ersten Betriebsprüfung durch Finanzamt und Zoll das Abrechnungssystem geändert hat, wie die jetzige Abteilungsleiterin erklärte.

    Um nun endgültig zu klären, wer die Telefonistinnen eingestellt hat und für die Beschäftigungsverhältnisse zuständig war, ordnete Richter Klotz an, bei einem weiteren Verhandlungstermin alle ehemaligen Mitarbeiter im Telefondienst vorzuladen. Ende August soll die Verhandlung fortgesetzt werden.

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