Von Jürgen Gerstenmaier, Marktoberdorf/Kempten - Die Radeberger Gruppe übernimmt über ihr Tochterunternehmen Allgäuer Brauhaus (Kempten) zum 1. November die Altenmünster-Brauerei in Marktoberdorf. Altenmünster-Chef Gerd Borges begründete den Verkauf in einem Exklusiv-Gespräch mit unserer Zeitung: 'Ich gehe jetzt auf die 65 zu. Meine Kinder haben sich entschieden, das Unternehmen nicht führen zu wollen. Es gab viele Interessenten für unseren Betrieb - aber nur die Radeberger Gruppe hat den Erhalt des Standortes zugesichert. Und das war mir wichtig.' Beim Ostallgäuer Traditionsunternehmen - früher Sailerbräu - sind 68 Mitarbeiter beschäftigt, die bei einem Jahresausstoß von über 300000 Hektolitern einen Umsatz von rund 18 Millionen Euro erzielen. Als Borges 1964 in die Firma einstieg, lag der Umsatz gerade einmal bei 175000 Euro. 'Diese Brauerei', sagt Borges, 'ist mein Lebenswerk. Deshalb habe ich mir die Entscheidung zum Verkauf nicht leicht gemacht.' In vielen Gesprächen habe er ausgelotet, welcher potentielle Käufer nicht nur an dem angestammten Namen Altenmünster, sondern auch am Erhalt des Standortes Interesse habe. Übrig geblieben sei Radeberger, die drittgrößte Braugruppe Deutschlands, die 2001 knapp elf Millionen Hektoliter absetzte. Unter dem Radeberger-Dach sind Marken wie Clausthaler, Schöfferhofer oder Selters angesiedelt.
Daneben unterhält Radeberger zahlreiche Beteiligungen - etwa zu 100 Prozent an der Frankfurter Binding-Brauerei und der Dortmunder Kronen Privatbrauerei sowie zu knapp 90 Prozent am Allgäuer Brauhaus. Dessen Vorstand Harald Platz, gerade erst 60 geworden, freut sich über den Zuwachs als 'leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk'. Das Brauhaus selbst musste in der Bilanz für 2002 nach 20 Jahren erstmals einen Verlust ausweisen. Aufgrund von 'Vorsichtsmaßnahmen, Risikovorsorge und der Anpassung der Bilanzierung an den Radeberger-Konzern' (Platz) kam unterm Strich bei einer Bilanzsumme von 12,66 Millionen Euro ein Minus von über 420000 Euro zustande. Vom Zukauf der Braustätte in Marktoberdorf erhofft sich Platz 'zahlreiche Synergie-Effekte. Wir brauchen ja keine zwei Braumeister, keine zwei Verwaltungen und so weiter.' Ein daraus möglicherweise resultierender Personalabbau - beim Brauhaus waren vergangenes Jahr noch 104 Mitarbeiter beschäftigt - werde auf jeden Fall 'sozialverträglich und in Absprache mit den Betriebsräten erfolgen'. Wie sieht es mit dem Brauhaus-Stammsitz in der Kemptener Innenstadt aus? Dort geht es laut Platz 'beengt zu, ein Ausbau ist nicht möglich'. Aber Platz betont: 'Ein Allgäuer Brauhaus Kempten wird immer ein Allgäuer Brauhaus Kempten bleiben.' In welcher Form und in welcher Größe - 'darüber zu spekulieren ist einfach noch zu früh'. Fest steht hingegen schon jetzt: Ein auf fünf Millionen Euro angelegtes Investitionsprogramm für die nächsten Jahre wurde zunächst einmal gestoppt. Nicht mit verkauft hat Borges die Firma 'Kronenbräu Brauhaus zu Altenmünster', sämtliche Liegenschaften und die 'Allgäuer Transport und Logistik Gmb H', die mit über 40 Schwerlastzügen pro Jahr 17 Millionen Getränkekisten transportiert. Branchenkenner mutmaßen nun, dass der neue 'Brau-Koloss' die Allgäuer und süddeutsche Bier-Landschaft gehörig durchmischen wird. 'Schauen wir mal, wie viele kleine Brauereien sich jetzt unter die Brauhaus-Altenmünster-Flügel retten wollen - oder müssen', sagt einer von ihnen.