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Alte Pistenraupe sucht neue Bleibe

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Alte Pistenraupe sucht neue Bleibe

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    Von Etienne le Maire Tiefenbach/Burgberg/Oberjoch/Gunzesried Was tun mit einer alten Pistenraupe, die wegen ihrer Geschichte viel zu schade wäre fürs Verschrotten? Meinrad Landerer aus Tiefenbach und Anton Kuisle aus Burgberg, die als junge Schlosser 1967 ein Gerät konstruierten und bauten, das bis 1996 auf Allgäuer Pisten im Einsatz war, suchen nun ein Museum oder eine Bergbahn, die das gute Stück ausstellen möchten. Denn wie Landerer betont, geht es hier nicht nur um irgendeine alte Maschine. Die 1967 in Eigenbau entstandene Raupe hat ein Stück Technik-Geschichte geschrieben: Wie Landerer erzählt, wurde dieses Gerät von der Ulmer Firma Käsbohrer in Lizenz weiterentwickelt und mit einem auch von ihm und Kuisle vorgeschlagenen - hydraulischen Antrieb versehen. So ist das jetzt in einem Tiefenbacher Stadl stehende Überschneefahrzeug sozusagen der Urvater des legendären Pistenbully, wie Landerer sagt. Nicht die einzige Entwicklung übrigens, die das in den 50ern gemeinsam in die Schlosserlehre gegangene Mächler-Duo Landerer/Kuisle in die Welt gesetzt haben: Drei Goldmedaillen von Erfindermessen und etliche andere Auszeichnungen haben die beiden eingeheimst, und in Landerers Büro hängen nicht weniger als 17 Patentschriften an der Wand. Dafür kriegt ihr keinen Pfennig Wobei neben Schneeketten mit nur vier Sekunden Montagezeit beispielsweise die alte Schneeraupe das größte Trumm ist. Entstanden ist sie, weil der damalige Gundlift in Oberjoch, an dem sich Landerer und Kuisle beteiligt hatten, gar nicht so gut lief, wie man sich das vorgestellt hatte. Man brauchte eine Pistenraupe, erinnert sich Kuisle, aber die erhältlichen österreichischen Maschinen waren nicht zu bezahlen. In der Regel wurden Pisten von Skifahrern mit Handwalzen präpariert. Laut Landerer hatten nur Firmen wie Geiger in Oberstdorf eine Raupe, mit der in Lohnarbeit Pisten präpariert wurden. Landerer und Kuisle wollten nun selbst eine bauen und wurden ausgelacht. Auch die Mitgesellschafter winkten ab: Dafür kriegt ihr keinen Pfennig, hat Landerer heute noch in den Ohren.

    Trotzdem stürzten er und Kuisle sich in die Arbeit und in Schulden und bauten in Kuisles Garage in drei Monaten nur mit Hilfe von Eisensägen, einer Bohrmaschine und eines Schweißgeräts ihr Überschneefahrzeug. Das drei Meter lange und 2,10 Meter breite, von einem 1000-ccm-NSU-Benzinmotor angetriebene Kettenfahrzeug hatte damals einen Materialwert von 16000 Mark. Dass es zwei Schlossern mit Hauptschul gelang, eine Raupe zusammenzubauen, für die ein großes Unternehmen ganze Ingenieurteams beschäftigen würde, das erfüllt Landerer noch heute mit Stolz. Die Schneeraupe war von 1969 bis 1971 am Gundlift im Einsatz. Dann kaufte man für diese Anlage eine neue Käsbohrer-Pistenbully, für den es dank des Lizenzvertrags Prozente gab. Der alte Prototyp tat daraufhin bis 1973 in Gunzesried Dienst und präparierte dort die Pisten. Danach fuhr die Raupe zur Hüttenversorgung in Pfronten. Heute steht der einst knallrote Methusalem in einer Scheune bei Tiefenbach, hat ein paar Beulen und Rostflecken aus seinem bewegten Leben, könnte einen neuen Anstrich vertragen und neue Reifen für die Laufräder. In ihrer PS-Klasse wäre die Maschine aber heute noch unschlagbar, jedenfalls, was die Steigfähigkeit betrifft, ist sich Landerer sicher. Freilich gäbs da kaum Konkurrenz: Moderne Raupen fahren mit mehreren hundert PS. Wir wollen halt, dass die Maschine im Allgäu bleibt, sagt Landerer obs nun jemand ankauft oder als Leihgabe der beiden Konstrukteure zu treuen Händen nimmt. Schon eine telefonische Nachfrage unserer Zeitung stieß auf lebhaftes Interesse: So gehört das hochinteressante alte Überschneefahrzeug, seine Geschichte und Technik auf jeden Fall dokumentiert, sagt Ursula Winkler vom Alpinmuseum in Kempten. Ob man dafür einen dauerhaften Ausstellungplatz findet, hält sie aber ebenso für fraglich wie Herbert Schnaubelt vom Fischinger Skimuseum: Auch er will sich die Raupe aber auf jeden Fall mal anschauen.

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