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Als weiße Wolken vom blauen Himmel fielen

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Als weiße Wolken vom blauen Himmel fielen

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    Juli 1944: Fallschirmspringer landen in Buchenberg. Von Michael Dumler Buchenberg 'Diesen Julitag im Jahre 1944 habe ich nie vergessen können', erzählt die Buchenbergerin Anni Käser, geborene Schneider. Als 20-jähriges Bauernmädchen war sie beim Heuen auf einem Feld unweit des elterlichen Hofes. 'Es war ein schöner Heusommertag', erinnert sich die heute 76-Jährige. Doch die Idylle wurde schlagartig gegen elf Uhr vormittags zerstört, als über Buchenberg ein Luftkampf zwischen deutschen Jagdfliegern und amerikanischen Bombern mit Ziel 'Fliegerhorst Memmingen' entbrannte. 'Es hat gekracht und plötzlich war der blaue Himmel voller Fallschirme, die wie weiße Wolken aussahen.' Und eine dieser 'Wolken' raste bei der St.-Georgs-Kapelle vor den Augen von Anni Käser zur Erde.

    'Es war furchtbar. Der Mann hat mir sehr leid getan', erzählt die Augenzeugin. Der Körper des Soldaten, dessen Fallschirm sich nicht geöffnet hatte, war beim Aufprall in die Erde eingesunken. 'Es sah aus, als ob er mit ausgebreiteten Armen in weichem Schnee liegen würde.' Das Bild der herabschwebenden weißen Fallschirme, vor allem aber das des armen Fallschirmspringers, der wie ein Stein vom Himmel gefallen war, hat sich tief in Anni Käsers Gedächtnis eingebrannt. 'Einen Fotoapparat, mit dem man diese Szene hätte festhalten können, hat damals keiner gehabt', erzählt die 76-Jährige.

    'Thommy gut', hatte ihr ein französischer Kriegsgefangener, der auf dem elterlichen Hof arbeitete, zugerufen und auf die Fallschirme gezeigt. Auf einem Feld bei Schwarzerd entdeckte sie mit anderen Dorfbewohnern später noch die Überbleibsel eines abgestürzten amerikanischen Flugzeugs und seiner Besatzung. 'Noch heute, wenn ich an dieser Wiese vorbei komme, sehe ich die Wrackteile und die zerfetzten Leichen vor mir und möchte am liebsten auf der Stelle ein Vaterunser beten', erzählt die 76-Jährige.

    Feinde werden Freunde

    Im Sommer 1998 wurde an der Kriegerehrenstätte in Buchenberg eine Gedenktafel mit den Namen der 29 ums Leben gekommenen Amerikanern eingeweiht. Ein Jahr später besuchte Charles 'Charlie' Erickson, ein überlebender amerikanischer Fallschirmspringer, jenen Mann, der ihn damals gefangen genommen hatte. Xaver Walk war damals gerade mal 16 Jahre alt. Aus den Feinden von einst wurden schnell Freunde (wir berichteten).

    Anni Käser nahm diese Ereignisse zum Anlass, ein Erinnerungsbild mit Wasserfarben zu malen. Eine Postkarte mit der Ansicht ihres Heimatortes diente ihr dabei als 'künstlerische Stütze'. Das Häuserensemble entstammt allerdings weitgehend ihrer Phantasie. Auch den Punkt, an dem 'Charlie' Erickson mit seinem Fallschirm landete ­ im Weiler Freitags ­ hat Anni Käser in ihr kleines Gemälde eingearbeitet.

    Eine Farbkopie ihres Bildes schickte sie auch Erickson, der sich darüber sehr gefreut habe. Was mit dem toten Soldaten passierte, weiß Anni Käser nicht mehr zu sagen. Außer dass ein Bauer dessen Springer-Stiefel 'habe brauchen können'.

    Ein Bauernhaus in der Hintereinöde wurde damals während der 'Luftschlacht über Buchenberg' von herabstürzenden brennenden Flugzeugteilen getroffen und ging in Flammen auf. Ansonsten blieb die Oberallgäuer Gemeinde nach Anni Käsers Worten an jenem denkwürdigen Tag von größeren Schäden verschont.

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