Zwölf Stunden Verspätung, Ankunft in Salzburg statt in München - dennoch sind Andreas Köhler und Albrecht Bockreiß froh, dass ihr Tunesien-Urlaub vergleichsweise glücklich zu Ende ging. Während ihrer einwöchigen Reise waren unvermittelt die Proteste aufgeflackert, die letztlich im Ausnahmezustand in dem nordafrikanischen Land mündeten. "Als Tankstellen in der Nähe des Flughafens brannten, waren wir schon erleichtert, als unsere Maschine schließlich abhob", sagen die Kemptener.
Von Samstag bis Samstag war ihr Trip nach Hammamet geplant. Die beiden landeten mit einer kleinen Reisegruppe nach einem Linienflug in Monastir, von dort aus gings mit dem Bus ins Hotel. Golf spielen im milden südlichen Klima stand auf dem Programm.
Genau das taten die Allgäuer auch ausgiebig. Und genossen die Gastfreundschaft in dem westlich orientierten Land, das im Vergleich zu anderen islamischen Staaten in vielen Bereichen außerordentlich liberal ausgerichtet sei. "Lauter rechtschaffene, fleißige Menschen", hat Köhler erlebt. Sowohl das Hotel als auch die Umgebung fielen Bockreiß als "ausgesprochen gepflegt und intakt" auf.
Polizeistation zerstört
Aus der Heimat erreichte den 50-Jährigen am Dienstag der Anruf seiner Partnerin, dass Vorsicht geboten sei. "Bis dahin haben wir so gut wie nichts von den Unruhen mitbekommen", sagt der Chef eines Zimmereibetriebs. Am Mittwoch war dann auch in Hammamet zu sehen, dass Teile der Bevölkerung auf die Barrikaden gehen. Demolierte Schupo-Häuschen und eine völlig zerstörte Polizeistation fielen bei der Fahrt durch die Stadt auf. "Ordnungskräfte zeigten sich kaum noch auf der Straße", berichtet Bockreiß. Urlauber seien indes nirgends in die Aufstände verwickelt gewesen.
Im Hotel wurde es immer ruhiger. Viele reisten ab, Ankünfte blieben aus. Zuletzt saß ein Dutzend versprengter Touristen im großen Speisesaal - "wie die letzten Mohikaner". Das sonst stets zuvorkommende Personal schwieg betreten. Nächtliche Ausgangssperre ab 19Uhr war die nächste Stufe. "Nochmal eine andere Qualität war dann der Ausnahmezustand", haben die Kemptener erfahren: "Militär vor den Einkaufszentren mit aufgepflanztem Bajonett - das wirkt schon martialisch."
Chaotisch stellte sich die Situation am Rückreisetag dar. Der gebuchte Flug fand nicht statt. Die Reiseleitung versuchte, die Gruppe auf andere Flieger zu verteilen. Stuttgart, Frankfurt, Paderborn - "hunderte Leute verschwanden in den Gates, nur wir saßen fest", erinnert sich Köhler.
Als es dann hieß, Salzburg steht offen, half der Zufall: "Irgendwie kamen wir an einer Schlange von 200 Leuten vorbei an einen freien Schalter und hatten innerhalb von fünf Minuten eingecheckt", erzählt der 37 Jahre alte Inhaber eines Baustoffhandels.
Ein Freund brachte das Duo schließlich von Salzburg ins Allgäu. Nachts um 1 Uhr war die Odyssee beendet. Nichtsdestotrotz waren die Kemptener von ihrer Reise durchaus angetan: "Land und Leute haben uns sehr gut gefallen. Wir würden wieder hin fliegen."