Fürs Interview müssen die Schinkennudeln warten. Leonie Kolb liegt im Kindernierenzentrum Memmingen in Jeans und dunkelgrünem T-Shirt auf dem Bett. Die Krankenschwester hat sie gerade an das Dialysegerät angeschlossen. 'Kürzlich musste ich Spaghetti mit einer Hand essen', sagt die 13-Jährige und lacht.
Einfach war das nicht. Da gehen Schinkennudeln schon besser. Leonie liegt in den Räumen, die heute - nach einer deutlichen Vergrößerung des Zentrums - offiziell eröffnet werden. Die 13-Jährige hat eine angeborene Nierenkrankheit, sagt ihr Arzt Dr. Henry Fehrenbach, der das Zentrum im Klinikum Memmingen leitet. Seit Dezember 2014 muss sie daher jeden Montag, Mittwoch und Freitag zur Dialyse. Sie besucht die siebte Klasse der Realschule.
Leonie, Du bist dialysepflichtig. Was sind Deine Hobbys?
Leonie: Lesen. Ich lese alles und immer. Besonders gern mochte ich in letzter Zeit "Die letzte Schlacht der Halblinge". Das habe ich jetzt drei Mal gelesen. Es ist so dick (zeigt mit den Fingern etwa sechs Zentimeter an). Ich mag dicke Bücher, die kann man so fest halten.
Wie gehen Deine Freunde damit um, dass Du zur Dialyse musst?
Leonie: Eine Freundin war schon einmal dabei. Aber die hat sich gelangweilt (lacht). Sie kommt vielleicht wieder einmal mit. Nur in der Schule glotzen immer alle auf den Dialyse-Katheter (dieser ist unterhalb des Schlüsselbeins angebracht), wenn ich ein ausgeschnittenes T-Shirt trage.
Wie kannst Du die Schule mit der Dialyse vereinbaren?
Leonie: Das geht gut. Ich lerne manchmal hier und manchmal zuhause.
Wie kommst Du hier her?
Leonie: Ich werde mit dem Taxi hergebracht. Das dauert eine halbe Stunde.
Wie verbringst Du die Zeit hier?
Leonie: Herumliegen, lesen, Hausaufgaben machen. Mir ist aufgefallen, dass ich, seit ich hierher zur Dialyse komme, viel mehr Hausaufgaben mache als zuvor (lacht).
Was sind denn Deine Lieblingsfächer?
Leonie: Pause und Sport, weil ich da nicht mitmachen muss. Da kann ich an den Rand sitzen und nix machen. Und ein bisschen das Fach Deutsch.
Denkst Du Dir manchmal: Warum habe ich diese Krankheit - und bin nicht gesund so wie die anderen?
Leonie: (Schüttelt den Kopf) Hier kann ich mehr machen als zuhause. Da müsste ich aufräumen oder mit dem Hund spazieren gehen. Hier kann ich halt einfach rumliegen, chillen und lesen - und das ist cool.
Das ist bewundernswert, wenn Du das so siehst.
Leonie: (Zuckt mit den Achseln) In den letzten Ferien war ich mit meiner Familie im Urlaub. Am Freitag danach war ich wieder hier: Das war für mich mehr Urlaub als davor im "richtigen" Urlaub. Das Einzige, was nervt, ist, dass ich zuhause immer nur so wenig Wasser in die Badewanne laufen lassen kann, damit nichts in den Katheter fließt.
Was machst Du, wenn Du daheim bist?
Leonie: Aufräumen helfen und mich um meine Tiere kümmern. Ich habe einen Hund, zwei Hasen, eine Katze, drei Enten und fünf Hühner. Einer meiner Brüder hat sich zum Beispiel nicht um seinen Hasen gekümmert. Der gehört jetzt mir. Ich muss immer früh aufstehen, damit die Tiere noch etwas zu fressen kriegen, bevor ich in die Schule gehe. In den letzten Sommerferien - da war ich ja noch nicht an der Dialyse - habe ich den Tieren immer vorgelesen, wenn mir langweilig war. Ein Huhn, das ich seit der dritten Klasse habe, sitzt dann immer auf meinem Schoß und bleibt da, bis ich aufstehe.
Was willst Du später denn einmal machen?
Leonie: Das weiß ich noch nicht.
Vielleicht Tierärztin werden?
Leonie: Nein. Da müsste ich ja auch Tiere einschläfern und das will ich nicht.
Die neuen Räume des Kindernierenzentrums am Klinikum Memmingen sind jetzt offiziell eröffnet.