Von Benjamin Schwärzler|WangenOhne Hannelore Ratzeburg würde dieses Spiel vielleicht gar nicht stattfinden. 1971 begleitete sie ihren Freund zum Fußballtraining und kickte anschließend einfach selbst. Im selben Jahr meldete sie eine Mannschaft im Hamburger Ligabetrieb an. Es war noch eine Zeit, in der Frauenfußball so gut wie keine Akzeptanz hatte - nicht einmal beim DFB. Selbst nach dem 'Wunder von Bern', als das ganze Land im Fußballfieber war, wurden Mädchen und Frauen ausgeschlossen. Die Polizei musste sogar Fußballplätze sperren, sobald weibliche Kickerinnen diese betraten. Frauenfußball 'widerspricht jeglichem sportlichen Empfinden' wird der damalige DFB-Funktionär Georg Xandry beispielsweise zitiert. Hannelore Ratzeburg kämpfte dafür, dass diese verkrusteten Strukturen aufgebrochen wurden. 1977 wurde sie Referentin für Frauenfußball beim DFB, machte sich für die Einführung der Frauen-Bundesliga, der Pokalwettbewerbe und der Nationalelf stark. Mittlerweile ist sie Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball beim DFB.
Deutschland gehört seit vielen Jahren zu den stärksten Frauenfußball-Nationen der Welt. Zwei Welt- und sechs Europameistertitel zieren das Briefpapier. Ohne einen starken Nachwuchs könnte der Weltranglistenzweite sein Niveau nicht halten. Und hier kommt das Allgäu ins Spiel. Die U 23-Nationalmannschaft, die im Vorjahr die U 21 als Unterbau des A-Kaders ablöste, bestreitet am kommenden Donnerstag (Fronleichnam) ihren letzten Härtetest vor dem Nordic Cup in Schweden - und zwar im Allgäu-Stadion in Wangen (Anpfiff 11.30 Uhr).
Seit Wochen rühren die Verbandsmitarbeiter im Bezirk Bodensee die Werbetrommel für das Testspiel, in dem Deutschland auf die USA trifft - ebenfalls eine der stärksten Nationen der Welt. Mittlerweile sind rund 3500 Eintrittskarten verkauft, berichtet Peter Ailinger. Der Spielleiter von Gastgeber FC Wangen hofft, das am Ende die 5000er-Marke geknackt werden kann. 'Das wäre eine tolle Sache', meint er. Ailinger hofft natürlich vor allem auf weibliche Kickerinnen aus der Region, die sich hier Tipps und Trick abschauen können. Immerhin gibt es mit dem FV Rot-Weiß Weiler, SV Maierhöfen-Grünenbach (beide Regionenliga), SV Eglofs und dem FC Wangen (beide Bezirksliga) einige heimische Teams im offiziellen Spielbetrieb. Dazu kommen zahlreiche Mädchenmannschaften, die in den letzten Jahren großen Zulauf erfahren haben.
USA ein hochkarätiger Gegner
'Der Test in Wangen ist für uns sehr wichtig. Denn nicht alle Spielerinnen haben die Chance, sich auf internationalem Parkett zu zeigen. Deshalb sind wir froh, mit den USA einen hochkarätigen Gegner gewonnen zu haben. Wir werden genau sehen, woran wir noch arbeiten müssen', misst Trainerin Ulrike Ballweg der Partie eine große Bedeutung zu. Denn beim Nordic Cup (15. bis 21. Juli) sind neben den USA die stärksten europäischen Verbände mit dabei - es ist also die inoffizielle Europameisterschaft.
Während die deutschen Mädels in Spitzenklubs wie FCR 2001 Duisburg oder 1. FFC Frankfurt spielen, entstammen die US-Spielerinnen übrigens allesamt einem der 300 Collegeteams. Denn obwohl der Frauenanteil im US-Verband bei rund 40 Prozent liegt, gibt es dort derzeit keine eigene Profiliga. Vielleicht sollte Hannelore Ratzeburg einmal über den Atlantik fliegen