Von Dirk Ambrosch |Allgäu3,70 Euro für eine Apfelschorle? Gibts doch gar nicht! Das sind ja 7,40 Mark! Früher hat ein Getränk doch viel weniger gekostet, oder? Es ist ein Reflex, den viele Menschen kennen. Ob in der Kneipe, beim Bäcker, im Supermarkt oder an der Zapfsäule: Wenns ans zahlen geht, werden die guten alten D-Mark-Zeiten heraufbeschworen. Da war zwar nicht alles besser, aber zumindest billiger - rein gefühlsmäßig jedenfalls.
Und weil der Euro angeblich schuld daran ist, dass das Leben kaum mehr bezahlbar ist, wünscht sich jeder dritte Deutsche die D-Mark zurück, wie eine repräsentative Umfrage des Bundesverbandes deutscher Banken ergab. Jeder zweite Bundesbürger rechnet beim Einkauf um in Mark, um so ein besserers Gefühl für den Preis zu bekommen und ein sichereres Urteil fällen zu können.
l Verklärte Erinnerung: Waren die D-Mark-Zeiten wirklich so rosig? Oder wird die Kaufkraft der Mark im Rückblick verklärt? Wir haben den Test gemacht in der Kemptener Innenstadt.
Wann bekam man zuletzt für 50 Mark: Fünf Liter Milch, ein Kilo Fleisch, Zucker, Mehl, Brot, ein Pfund Kaffee, Käse, Butter und Schokolade, Eier Obst und Gemüse? Ein 51-Jähriger ist sich sicher: "Mitte der 80er Jahre". Eine Hausfrau tippt auf "kurz vor der Euro-Einführung". Dem richtigen Ergebnis am nächsten kommt noch eine Rentnerin, die schätzt "Ende der 70er Jahre". Aber auch sie liegt noch weit daneben: 1965 wäre die richtige Antwort gewesen. Hätten Sies gewusst?
l Zwei Phänomene: Warum wird die D-Mark noch immer so hoch gelobt? Experten erklären das mit zwei Phänomenen. Zum einen tappt man beim Umrechnen in eine Falle. Wer nämlich über den Teuro jammert, vergleicht Euro-Preise aus dem Jahr 2008 mit D-Mark Preisen aus dem Jahr 2001 oder davor. Gäbe es die Mark heute noch, dann wären die Produkte aufgrund der Inflation jetzt auch deutlich teurer.
Wobei die Inflationsrate früher jedoch schon mal deutlich höher war als derzeit. Anfang der 1990er Jahre lag sie zum Beispiel bei über sechs Prozent, aktuell bewegt sie sich bei gut drei Prozent.
Phänomen Nummer zwei: Vor allem Ältere rechnen um, die Häufigkeit steigt mit dem Alter. Bei Menschen ab 50 Jahren aufwärts ist es ein normaler Reflex, Preise mit zwei zu multiplizieren. Diese Altersgruppe hat über Jahrzehnte ein inneres Bezugssystem zur Mark aufgebaut. Die D-Mark Preise sind Ankerpunkte im Leben geworden. Vor allem bei größeren Anschaffungen wie einem Auto oder neuen Möbeln wird umgerechnet, sagen Psychologen.
l Gefühlte Inflation: Tatsächlich ist der angebliche "Teuro" aber eine Legende, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen. Doch kennen Wirtschaftspsychologen den Begriff der "gefühlten Inflation": Menschen nehmen das Negative - also den gestiegenen Preis - stärker wahr als das Positive, den gleich gebliebenen oder gesunkenen Preis. Allerdings zeigt die Statistik auch: Häufig gekaufte Produkte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Benzin, Kinokarten oder das Bier in der Kneipe wurden in den vergangenen Jahren besonders teuer. Größere Posten wie Möbel oder Autos verteuerten sich seit der Euro-Einführung kaum.
l "Alltag ein AbenTeuer?: In einer neuen Serie wollen wir die Preisentwicklung in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens aufzeigen. Was hat sich stark verteuert die vergangenen Jahre, was weniger? Wie viel müssen die Menschen mehr zahlen für Strom, Gas oder den Eintritt ins Schwimmbad? Die Serie "Alltag ein AbenTeuer?" will Antworten geben.