Kempten | l gög l: Akrobatisch, farbenprächtig, magisch und wunderschön

2. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
hermann ernst

Chinesischer Nationalcircus - Artisten begeistern das Publikum

"Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen." Dieses Konfuzius-Zitat verdeutlicht den Hintergrund, der Artisten aus dem Reich der Mitte immer wieder zu Höchstleistungen beflügelt. Unter dem großen Thema "Konfuzius" bezaubert der "Chinesische Nationalcircus" in der Big Box rund 1800 Zuschauer.

Rotierende Teller, fliegende Schüsseln, ein effektvoller Fächertanz oder der waghalsige Balanceakt auf der Spitze eines Stuhlturmes - die Darbietungen der Artisten sind reich an Magie. Als Solisten und Team gelingt die Jonglage mit Bällen und Diabolo. Drollige Löwenmenschen tanzen, spielen und gebären Junge. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Harte Arbeit, eiserne Disziplin

Dressierte Tiere oder Clowns gibt es im traditionellen chinesischen Zirkus nicht. Stattdessen schweben, tanzen und springen Menschen federleicht, anmutig und geschmeidig. Mädchenleiber verbiegen und verknoten sich ineinander als hätten sie Knochen aus Gummi. Es scheint, als überwänden die Künstler mühelos physikalische Gesetzmäßigkeiten. Dabei erfordert es harte Arbeit, eiserne Disziplin und sorgsames Haushalten mit Kraft, Masse und Geschwindigkeit der Körper.

Um die Höhe der Halle für die raumgreifenden Szenen optimal nutzen zu können, wurde die Bühnenfläche ebenerdig installiert. Die konzeptionelle Umsetzung hingegen lässt Wünsche offen. Von einer Leinwand schaut den Zuschauer in regelmäßigen Abständen das stark geschminkte Gesicht eines Schauspielers an, der den chinesischen Philosophen Konfuzius mimt. Diese Sprechpassagen sollen wohl die Aufführung gliedern, die Akrobatik sollte Konfuzius Weisheiten belegen. Was aber ordentlich misslingt. Der Redner zerhackt den natürlichen Fluss der Darbietungen und entreißt das Publikum immer wieder dieser Zauberwelt, kaum dass es darin eingetaucht ist.

Warum diese fantasievolle Kunst zwanghaft in das Korsett Konfuzius pressen? Warum nicht einfach die wunderschönen Bewegungen, die Farbenpracht für sich sprechen lassen? Besser fügen sich dagegen Auszüge aus dem Werk des chinesischen Starpianisten Lang Lang ein.

Mehr als 150 Auftritte

Etwas irritierend scheint auch die Bezeichnung "Chinesischer Nationalcircus". Den staatlichen Zirkus gibt es in China nicht. Aus Hunderten Artistenschulen wählt Produzent Raoul Schoregge jährlich eine neue Gruppe aus, die er auf Tournee schickt. Heuer ist es die "Acrobatic Troupe of China" aus der nordchinesischen Metropole Shenyang.

Dabei müssen die Artisten bis Mai mehr als 150 Auftritte bewältigen.