Vom heutigen Donnerstag an bis Sonntag soll in Pforzen unter der Federführung des Wasserwirtschaftsamts Kempten bei einem sogenannten Naturversuch die Wassermenge des Mühlbachs auf 1,5 Kubikmeter pro Sekunde gedrosselt werden. Sein Niveau sinkt um etwa 20 bis 25 Zentimeter. Die Bevölkerung und die Gemeinderäte sollen sich laut Bürgermeister Hermann Heiß ein Bild machen, wie sich das Gewässer, das mitten durch die Gemeinde fließt, dann ins Ortsbild einpasst.
Energie für bis zu 500 Haushalte
Der Hintergrund: Der Pforzener Franz Rotter möchte am Mühlbach direkt unterhalb des Wertachwehrs südlich der Gemeinde ein Wasserkraftwerk errichten, das 400 bis 500 Haushalte mit Strom versorgen kann. Er braucht aber, damit das Kraftwerk ordentlich angetrieben wird, eine gewisse Fallhöhe. Deshalb soll das Mühlbachwasser in die nebenan fließende Wertach (sie liegt dort wesentlich tiefer) geleitet werden. Das entzieht dem Mühlbach aber Wasser, weshalb er dann weniger Menge führen wird.
Rotter, der für das Projekt 800000 Euro in die Hand nehmen will, sieht in der Schaffung sauberer Energieerzeugung einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz. Außerdem will er ein Umgehungsgerinne bauen, sodass Fische und Amphibien sicher nach flussabwärts gelangen können.
Doch im Gemeinderat Pforzen gibt es kritische Stimmen. Es wird befürchtet, dass der Mühlbach künftig einfach zu wenig Wasser führt und dadurch im Uferbereich verschlammen könnte (wir berichteten). Das sieht Rotter völlig anders. In den 1980er und 1990er Jahren habe der Mühlbach über zehn Jahre nur 1,5 Kubikmeter pro Sekunde geführt, weil damals die Säge eines Sägebetriebes in Pforzen stillstand. "Das führte auch nicht zur Verschlammung", so Rotter. Die 1,5 Kubikmeter seien ohnehin nur die Mindestmenge. Im Schnitt fließen im Bereich des Wehrs 15 Kubikmeter pro Sekunde. Laut Wasserrecht könne Rotter neun Kubikmeter für sich verwenden, nutze aber bislang nur 4,5 Kubikmeter, weil der Mühlbach nicht mehr fasse. Dieser treibt eine andere, alte Wasserkraftanlage Rotters in seiner Mühle bachabwärts an.
1995 hatte das Wasserwirtschaftsamt Kempten den Mühlbach wegen des gleichen Anliegens Rotters schon einmal abgesenkt. Die Behörde stellte in einem Schreiben ans Landratsamt Ostallgäu damals fest: "Insgesamt ist aus wasserwirtschaftlicher Sicht festzustellen, dass die biologische Wirksamkeit des Mühlbachs bei 1,5 Kubikmeter pro Sekunde nicht oder nur unwesentlich eingeschränkt wird. Der ortsprägende Charakter des Mühlbaches bleibt unseres Erachtens ebenfalls voll erhalten."
Sensible Angelegenheit
Laut Heiß sind aber nun 15 Jahre vergangen, man wolle sich noch einmal ein Bild machen und dann entscheiden. Er sei kein Gegner erneuerbarer Energien, aber der Mühlbach präge das Ortsbild. Deshalb sei die Sache sensibel anzugehen. Außerdem wird befürchtet, dass ein Teich beim Naturdenkmal Burgenstadl durch den abgesenkten Mühlbach beeinträchtigt werden könnte.
Der Bürgermeister hofft, dass sich durch den Naturversuch ein Stimmungsbild in Pforzen ergibt. "Bürger können sich direkt an die Gemeinderäte oder auch an die Gemeinde wenden und ihre Meinung kundtun."
Das Wasserwirtschaftsamt, das Landratsamt und die Fischereifachberatung des Bezirks haben keine Einwände gegen das Vorhaben, das bislang lediglich als Bauvoranfrage vorliegt. Ob gebaut wird, entscheidet letztlich das Landratsamt. Aber die Gemeinde hat auch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.