Wo genau die 40000 Ingenieure fehlen, von denen immer die Rede ist, ist ihm ein Rätsel. 95 Bewerbungen hat der Diplom-Ingenieur Marc-Oliver Meyer aus Immenstadt an Betriebe in ganz Deutschland geschickt. Doch als frisch gebackenen Uni-Absolventen stellte ihn keiner ein - trotz Note 2,0. "Ohne Berufserfahrung nimmt einen niemand, obwohl doch jeder einmal anfangen muss", sagt der 27-Jährige. "Es ist einfach frustrierend, wenn man nicht die Chance bekommt, zu zeigen, was man kann", findet er. Mit der 96. Bewerbung hat es schließlich geklappt. Jedoch nicht in Deutschland, sondern im Vorarlberger Feldkirch. "Dort wurde ich auch als Berufsanfänger mit Handkuss genommen", erzählt Meyer. Unverständlich für den jungen Mann, da doch in Deutschland der enorme Fachkräftemangel beklagt werde.
Facharbeiter fehlen besonders
Ohne ausländische Fachkräfte wird es in Zukunft aber auch im Allgäu nicht gehen, sagt Markus Anselment, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben. Besonders in produzierenden Unternehmen in den Bereichen Maschinenbau und Metallerzeugung sei der Fachkräftemangel im Allgäu sehr groß. Herbert Mühlegg, Pressesprecher der Arbeitsagentur Kempten, ergänzt, dass auch im Tourismus und in den Gesundheitsberufen händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird. "Im Allgäu werden ohnehin weniger Ingenieure als Fachkräfte auf Facharbeiterebene benötigt", weiß er. Auch Markus Anselment bestätigt, dass drei bis vier Mal so viele Facharbeiter wie Ingenieure fehlen. Und: "Der demografische Wandel wird die Situation in den kommenden Jahren verschlechtern", sagt Anselment.
Dagegen müsste man nach Ansicht der IHK mit zwei Strategien arbeiten. Zum einen die Kräfte in der eigenen Region bestens fördern und qualifizieren. Und, zweitens, gleichzeitig die Lücken mit ausländischen Arbeitskräften füllen.
Firmen suchen über Jobbörse
Auswirkungen des Fachkräftemangels spürt auch Margit Stirnweis von der Hochschule Kempten. Merklich zugenommen habe die Zahl der Firmen, die über die Jobbörse der Hochschule Fachkräfte suchen. "Dabei sind sowohl Unternehmen aus dem Allgäu als auch einige aus größeren Städten wie etwa München", berichtet Stirnweis. Der Bedarf scheine also schon da zu sein. Marc-Oliver Meyer grämt das aber nicht mehr. Er ist nun eben auch eine ausländische Fachkraft. Begrüßungsgeld habe es zwar nicht gegeben, "dafür fühle ich mich wohl in meinem Job und lerne sehr viel".