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15 Geigenbauer in vier Generationen

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15 Geigenbauer in vier Generationen

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    Füssen (kb). - Durch fast zwei Jahrhunderte wurden die Zuhörer beim Vortrag von Kulturamtsleiter Thomas Riedmiller geführt, als er über die Füssener Geigenbauer-Sippe Stoß im Spiegel der Zeitläufe sprach. Im Rahmen des Festivals 'Vielsaitig' berichtete er von vier Generationen in der Zeit von 1681 bis 1866 mit insgesamt 15 Vertretern des Lauten- und Geigenbauhandwerks. Dabei bekannte er, dass es nicht möglich sei, ein geschlossenes Bild zu vermitteln, da entsprechende Urkunden, Tagebücher, Zeichnungen und dergleichen sehr spärlich oder überhaupt nicht vorhanden seien. Joseph Hermann Stoß, 1681 geboren in der Pfarrei Bernbeuren, wurde 1705, also während des Barockbaus des Klosters St. Mang, in Füssen eingebürgert. Er bezog ein Haus neben dem damaligen Rathaus in der Reichenstraße. Als nicht gebürtiger Füssener war er Mitglied des Rates, hatte den Titel 'Herr' und wurde auch zum Pfleger des Leprosenhauses bestellt. Das waren hohe Ehren, die nur mit dem guten Verdienst im Geigenbauhandwerk erklärbar sind. Denn damit war es ihm möglich, hohe Steuern abzuführen. Leider sind von ihm keine gesicherten Instrumente überliefert. Seine beiden Söhne Joseph Anton und Franz Urban waren wirtschaftlich schon nicht mehr so gesegnet. Das Geigenbauhandwerk reichte nicht völlig aus zum Lebensunterhalt.

    So wird berichtet, dass Joseph Anton ein Stadeldach mit Schindeln verlegte, Franz Urban befasste sich besonders mit dem Geigenhandel nach Paris und musste schließlich auch als 'Torwart' sich einen Zuverdienst schaffen. Von Franz Anton (1737-1814), einem Geigenbauer der dritten Generation, sind im Museum in Füssen zwei Kontrabässe ausgestellt, die jedoch nur fragmentarisch erhalten sind. Sein Sohn Franz Joseph wiederum ist ins Ausland desertiert, als er eingezogen werden sollte, verständlich in der Zeit der napoleonischen Kriege. Er war Geigenmacher im Kloster Neuburg in Wien. Von ihm existiert noch eine gute Viola. Bemerkenswert ist, dass schon von der dritten Generation ein Vertreter und von der vierten Generation schließlich alle acht Vertreter ins Ausland, zumeist nach Wien, gezogen sind und dort Werkstätten errichteten. Joseph Alois Stoß (geboren 1835) war der letzte Geigenbauer dieser Sippe in Füssen, der aber schließlich seine Handwerkskonzession zurückgeben musste. Insgesamt waren also sechs Vertreter der Stoß-Sippe in Füssen tätig, neun im Ausland. Von Franz Anton, Josef Alois und Johann Martin Stoß können noch Geigen im Füssener Museum bewundert werden. Wenn 15 Mitglieder dieser Geigenbauer-Sippe das väterliche Handwerk erlernten und damit eine Familientradition aufrecht erhielten, ist dies doch ein erstaunliches Phänomen. Es beweist, dass es sich um einen attraktiven Beruf handeln musste. Die wirtschaftliche Not in Füssen, die Anziehungskraft Wiens, aber auch die Säkularisation waren es offensichtlich, die die Abwanderung der Geigenbauer ins Ausland veranlasste. Dennoch blieb bei den Zuhörern die Frage, weshalb Mittenwald gerade in dieser Zeit aufblühte. Dies konnte man sich einerseits dadurch erklären, dass Füssen nur zu Augsburg, nicht zu München eine Durchgangsstraße hatte und dadurch provinziell wurde, andererseits damit, dass sich alte Gewerbestrukturen auflösten.

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