Von Jochen Sentner, Kempten - Vor dem Kemptener Landgericht wurde gestern die Fehde zwischen Dr. Ulrich Netzer und Peter Höflinger fortgesetzt, die im Kommunalwahlkampf als 'Schmutzkübel-Kampagne' Schlagzeilen gemacht hatte. Die Oberhand behielt der Oberbürgermeister: Die 1. Zivilkammer verurteilte den ehemaligen Grünen-Stadtrat Höflinger, Behauptungen über Gerüchte rund um einen Grundstückskauf des OB zu unterlassen. Höflinger hatte Anfang des Jahres vom OB 'rückhaltlose Aufklärung' bezüglich eines 'hartnäckigen Gerüchts' gefordert, wonach Netzer für sein Grundstück an der Lorenzstraße von der Diözese 'bessere Konditionen' als üblich gewährt worden seien. Netzer fühlte sich diffamiert, dementierte entschieden, und auch die Diözese bestätigte, dass dem Kaufvertrag die üblichen Bedingungen zu Grunde gelegt worden seien. Die Androhung rechtlicher Schritte hielt Höflinger nicht davon ab, seine Behauptungen in einer Stadtratssitzung kurz vor dem Wahltermin zu wiederholen und in Presseerklärungen zu verbreiten. Eine neuerliche Aufforderung, dies zu unterlassen, beantwortete der Sprecher der Kemptener Grünen Ende April schriftlich: Er unterlasse nicht. Entsprechend kurz befasste sich die Kammer gestern mit der vorgeschriebenen Güteverhandlung, in der ein Kompromiss zwischen den Streitparteien gesucht werden soll. Denn auch das Gericht hatte keinerlei Vergleichsvorschlag parat. In der Hauptverhandlung arbeitete Vorsitzender Dr. Hansjörg Straßer einen ganzen Katalog an Bedingungen für eine erfolgreiche Unterlassungsklage ab. Der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss demnach eine ehrverletzende, unwahre Tatsachenbehauptung vorliegen.
Wahr oder unwahr? Und wie ist der Wahrheitsgehalt von Höflingers Äußerungen zu beurteilen? Dazu erlaubten sich die Richter keine Bewertung. 'Darüber soll diese Kammer auch nicht entscheiden', betonte Straßer. Mangels jeglicher Beweise, die Höflinger hätte beibringen müssen, könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass dessen Darstellungen stimmen. Versäumt habe Höflinger, den Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe zu überprüfen. Der Ex-Stadtrat berief sich lediglich auf einen anonymen Brief; gestern führte er auch noch verschiedene anonyme Anrufe ins Feld, die 'deckungsgleich' in die selbe Richtung zielten. 'Es spricht alles dafür, dass der Klage stattzugeben ist', erläuterte der Vorsitzende schließlich. 'Vielleicht würde es Ihnen zur Ehre gereichen', wandte er sich an den Beklagten, 'den Anspruch auf Unterlassung einfach einzuräumen.' Darauf ging Höflinger nicht ein. Also sprach die Kammer das Urteil: Der Unterlassungsklage wurde stattgegeben, Höflinger trägt obendrein die Prozess-Kosten. Ob Höflinger in dem Streit eine weitere Instanz anruft, wusste er gestern noch nicht. Zunächst wolle er mit seinem Anwalt die ausführliche schriftliche Urteilsbegründung durchgehen.