Von Michaela Behr, Bad Hindelang - Zwischen versteckten Poesietafeln Händchen haltend dahin schlendern. Im verträumten Pavillon Liebesschwüre flüstern. Und mit einer Taschenmesser-Gravur in einen Baumstamm ewige Treue versprechen. Das wäre am Rande des Bad Hindelanger Ortsteils Bad Oberdorf möglich. Insofern Besucher der Oberallgäuer Gemeinde tatsächlich wüssten, dass sie auf dem 'Pfad der Liebe' wandeln. Dem ist bisher in den meisten Fällen nicht so. Und so sieht man dort in den Vormittagsstunden statt Turteltauben vereinzelte Nordic Walker und wandernde Rentner. 'Pfad der Liebe?' Das Ehepaar aus dem fränkischen Fulda ist erstaunt. 'Ist das nicht der Vaterlandsweg?' Ja, Vaterlandsweg lautete einst die patriotische Bezeichnung für die Strecke vom Hotel 'Prinz-Luitpold-Bad' in Richtung 'Schleier-Wasserfälle'. Zu Beginn des Wonnemonats Mai wurde er umgetauft und umgestaltet in den 'Pfad der Liebe'. Auf dem Wegweiser beim 'Prinz-Luitpold-Bad' ist die neue Bezeichnung bisher allerdings nicht vermerkt. Und so stutzt der unwissende Wanderer erst, wenn er durch das Eingangsportal läuft, über dem zwei rote Herzen prangen. Etwa einen Meter hoch winden sich um das Tor bereits Efeuranken. Der Tourismusort Bad Hindelang möchte Liebespaare auf dem 'Pfad der Liebe' sprichwörtlich auf Rosen betten. Jetzt, im Frühsommer, ist das allerdings erst zu erahnen.
Hier und da sind kleine Rosenstöcke zu erkennen, mit einer roten, duftenden Blütenpracht ist jedoch frühestens ab Juni zu rechnen. Besser sichtbar sind dafür die silbernen Poesietafeln - angebracht an Bänken, Bäumen und im Gras am Wegesrand. 'Oh wie still ist hier zu fühlen, was die Seele glücklich macht', verspricht ein Goethe-Gedicht hinter einer Holzbank. Auch Heine passt mit den Zeilen 'Über die Berge steigt schon die Sonne, die Sommerherde läutet fern' in die Idylle des Ostrachtals. 'Die Idee ist nett, die Gedichte regen zum Nachdenken an', sagt die Urlauberin Jutta Schmidt aus Berlin. Nachdenken ja, aber turteln kann sie nicht, wandert sie doch alleine von Tafel zu Tafel. Und leer steht der kleine halboffene Pavillon, zu dem eine von Weiden umwölbte Steintreppe führt. Vom Wanderweg aus unbeobachtet könnten Liebespaare - würden sie auf dem Pfad der Liebe wandeln - gemeinsam den Blick ins Ostrachtal genießen. Endlich: Das erste Zeichen, dass tatsächlich schon einige Paare auf den 'Pfad der Liebe' gefunden haben: Kurz vor den Schleierfällen laden Baumstämme ein, nach alter Tradition Liebesbeweise in die Rinde zu schnitzen. 'E+R' waren schon hier, 'M+R', 'S+H' und 'S+T'. Und auch Urlauber Stefan Brummer greift zum Taschenmesser. Schnitzt ein Herzchen für seine Frau Carola und in die Mitte die beiden Namensinitialen. Verspricht ihr damit Liebe auf immer und ewig. Poesietafeln, Pavillon, verträumte Bänke und Stämme für Liebesschwüre sind also schon da. Efeu und Rosen sind am Wachsen. Was fehlt sind mehr Liebespaare. Denn ohne Turteltauben bleibt auch der schönste 'Pfad der Liebe' ein ganz normaler Wanderweg.