von anna feßler|Betzigau/AllgäuFast überall trifft man derzeit auf ihn. Auf den weißbärtigen, dicken Mann mit der roten Zipfelmütze. Den Weihnachtsmann. Dass dieses Bild in der Adventszeit auch hier im Allgäu immer mehr das des Heiligen Nikolaus verdrängt, gefällt Dieter Häringer aus Betzigau (Oberallgäu) gar nicht. Der 57-Jährige hat sich deshalb dafür eingesetzt, dass dieses Jahr vier Allgäuer Bäcker einen traditionellen Nikolaus-Lebkuchen mit einem aufgeklebten Papierbild anbieten, das den Nikolaus als Bischof zeigt.
Gutmütig lächelt darauf der heilige Mann, eingepackt in einen langen grünen Mantel. In der linken Hand hält er einen goldenen Stab, der oben in eine Art Schnecke gerollt ist, den Hirtenstab. Und auf dem Kopf trägt er eine Mitra, die traditionelle Bischofs-Kopfbedeckung. 'Der heilige Nikolaus ist ein freundlicher Mann, ein Bischof und ein Heil- und Segensbringer, und kein Kasper', betont Häringer, der sich im Heimat- und Trachtenverein Hochgreut (Gemeinde Betzigau) in den Bereichen Brauchtum, Dialekt und Laienspiel engagiert.
Einer von vier Bäckern im Allgäu die, auf Häringers Initiative dieses Jahr Nikolaus-Lebkuchen backen, ist Bäcker- und Konditormeister Anton Reitberger aus Betzigau. 'Ich habe dafür ein sehr altes Rezept verwendet mit Honig und Marzipan', sagt er. Routiniert tupft der 52-Jährige jeweils drei kleine erbsengroße Zuckerhäufchen auf die weißglasierten Lebkuchen und beklebt sie dann mit den Bildchen. In seiner Backstube herrscht Hochbetrieb und überall stapeln sich Bleche voller Plätzchen. 'Im Teig sind als Triebmittel Pottasche, damit er weich bleibt und Amonium, damit er schön aufgeht', verrät er.
Wie lange es schon diese beklebten Nikolauslebkuchen gibt, weiß Häringer nicht genau. 'Ich kenne es aus meiner Kindheit und vermute, dass es nach dem Krieg aufkam', sagt er. Er habe mit ein paar älteren Menschen aus seinem Ort gesprochen. 'Viele erinnern sich daran, dass es dieses Gebäck in den 1950er Jahren zum ersten Mal gab', berichtet er.
Bevor die Bildchen allerdings - jetzt viele Jahre später - wieder in den Allgäuer Backstuben landeten, legten sie einen langen Weg zurück. 'Diese hier stammen von einem österreichischen Lebkuchenvertrieb aus der Steiermark', erzählt Häringer. Abbildungen, die den Nikolaus als Bischof zeigen, seien schwer zu bekommen, sagt der 57-Jährige. 'Es gibt viele auf denen ein dicker Mann mit einer Zipfelmütze abgebildet ist', Dieter Häringer schüttelt den Kopf. Das sei doch nicht der Mensch, der im vierten Jahrhundert als Bischof wirkte und unter anderem als Schutzpatron der Kinder gilt. Häringer hält eine der beklebten Backwaren hoch und sagt: 'Ich wünsche mir nichts vom heiligen Nikolaus, aber etwas für ihn - nämlich, dass die Menschen ihn als das sehen was er wirklich war.'
Nikolaus-Lebkuchen: Vier Bäcker aus dem Allgäu haben auf Initiative der Trachtenvereine im Ort oder der Umgebung traditionelle Lebkuchen hergestellt: Bäckerei Reitberger in Betzigau, Bäckerei Greber in Lindenberg, Bäckerei Preissinger in Untrasried, Bäckerei Holz in Altusried und das Residenzcafé in Kempten.