Kempten (bec). - Muss jemand seinen künftigen Arbeitgeber bei der Bewerbung über seine Vorstrafen informieren? Ja, befand das Arbeitsgericht am Montag im Fall eines städtischen Angestellten, der gegen seinen Arbeitgeber, die Stadt Kempten, geklagt hatte. Dem Mann war gekündigt worden, weil er eine vierjährige Haftstrafe wegen eines Mordauftrags einfach verschwiegen hatte. Doch ist jede Vorstrafe auch für jeden Arbeitgeber relevant? Die Allgäuer Zeitung sprach darüber mit Manfred Iranyi, Direktor des Kemptener Arbeitsgerichts. Ist ein Bewerber verpflichtet, vor seiner Einstellung seine Vorstrafen anzugeben?Iranyi: Grundsätzlich gilt: Gefragt werden darf nur nach Vorstrafen, die letztlich auch für das Arbeitsverhältnis relevant wären. So kann man den Lkw-Fahrer nach Verkehrsdelikten oder den Kassierer nach Vermögensdelikten fragen. Bei Kardinalsdelikten - wie Mord oder Beihilfe zum Mord - ist der künftige Arbeitnehmer zumindest bei einem öffentlichen Arbeitgeber wohl verpflichtet, das auch anzugeben.
Zudem hat man bei einem öffentlichen Arbeitgeber auch ein öffentliches Interesse. Schließlich werden diese Beschäftigten oft aus Steuergeldern finanziert. Gibt es auch Fragen, die man dem künftigen Arbeitgeber gegenüber gar nicht beantworten muss?Iranyi: Die Frage nach einer Schwangerschaft fällt darunter. Sie darf überhaupt nicht mehr gestellt werden. Die Frage nach einer Schwerbehinderung dagegen ist nach wie vor erlaubt. Was ist mit dem polizeilichen Führungszeugnis? Darf es vom Arbeitgeber in jedem Fall verlangt werden und ist man gar zur Vorlage verpflichtet?Iranyi: Auch hier sind es vor allem die öffentlichen Arbeitgeber sowie die mittleren und größeren Firmen, die ein Führungszeugnis fordern. In diesem Zeugnis werden die Vorstrafen aufgelistet, die für den Arbeitgeber relevant sind. Zur Vorlage verpflichtet werden kann ein Arbeitnehmer jedoch nicht. Allerdings bekommt er dann auch meistens keinen Vertrag.