Der Spezialbohrer schraubt sich auf 1300 Metern Höhe langsam in den Berg und macht dabei einen Riesenlärm. Vorarbeiter Axel Müller kämpft mit dem Gerät und dem Steilhang. Über dem Auele-Kraftwerk im Hintersteiner Tal (Oberallgäu) verbaut er mit seinen Kollegen von der Flussmeisterstelle Sonthofen einen neuartigen Lawinenschutz namens "Umbrella" (Regenschirm). Bei einer Bergtour überzeugten sich jetzt Landrat Gebhard Kaiser, Hindelangs Bürgermeister Adalbert Martin, sowie Vertreter vom Wasserwirtschaftsamt Kempten vom Fortschritt der Arbeiten in luftiger Höhe.
Bereits in Italien, Frankreich und Spanien im Einsatz, wird die Technik der Aalener Firma RUD Barriertech nun auch im Allgäu verbaut. Die 15 Hektar große Hangfläche am Auele, die nach Borkenkäferbefall, Sturmwurf und Lawinenabgängen einem Schlachtfeld gleicht, ist wie geschaffen dafür. Denn: In das extreme Gelände mit 39 Grad Gefälle muss alles Baumaterial eingeflogen werden. Der Hubschrauber kann die Klappnetze besser transportieren als herkömmliche Lawinennetze.
60000 Wanderer pro Jahr
23 dieser "Umbrellas" werden jetzt in drei Reihen gestaffelt in dem 1997 in das Schutzwaldprogramm des Freistaats aufgenommen Hang aufgestellt. Sie sollen ab Oktober vor Lawinen schützen, die den Wanderweg zum Giebelhaus bedrohen. Martin: "Die Straße - und damit 60000 Wanderer im Jahr - ist unmittelbar von Lawinenabgängen betroffen.
Skitourengänger kommen vom Nebelhorn auch hier her und können die Gefährdung schlecht einschätzen." Ebenso gehe es der örtlichen Lawinenkommission, die im vergangenen Winter von Ausreißern, die in der "Auele-Rinne" abgingen, überrascht wurde.
Eine Herausforderung
Gerade in der geologischen und topologischen Extreme ist Aufforstung eine Herausforderung. Schutzwald kann sich dort nur zwischen Lawinennetzen regenerieren, meint Karl Geiger vom Wasserwirtschaftsamt. Dafür investiert der Freistaat 120000 Euro in die Maßnahme, wovon die Gemeinde Bad Hindelang 15 Prozent übernimmt.
"In 25 Jahren sollen die Bäume, die wir später zwischen die Netze pflanzen, den Schutz übernehmen", prognostiziert Geiger und hofft, dass sich der Wildverbiss an dem jungen Forst in Grenzen hält.