Es war ein Einsatz, der für die Beamten der Kemptener Polizeiinspektion nicht alle Tage vorkommt: Weil das nächtliche Gebimmel der Glocken von einigen Ziegen und Eseln in Oberdorf die Nachbarn nervte, holten diese die Ordnungshüter. Die Polizei leitete die ganze Angelegenheit an das Landratsamt weiter, das für eine solche Ordnungswidrigkeit und die entsprechenden Sanktionen zuständig ist. Dabei stellte sich heraus, dass die Ziegen und Esel im Oberdorfer Wohngebiet gänzlich fehl am Platz sind. Aber nicht, weil ihr Glockengebimmel für die Nachbarn eine Zumutung ist, sondern weil Ziegen und Esel in einem Wohngebiet nach den Bestimmungen des Baurechts grundsätzlich rein gar nichts verloren haben. Die Ruhestörung in jener Nacht in Oberdorf ist mittlerweile aber doch ein Thema für das Landratsamt geworden.
Bimmelnde und bammelnde Tierglocken: Davon kann die Polizei in einer Region, in der es viel Viehzucht gibt, doch bestimmt ein Lied singen. Da laufen doch immer wieder Anwohner Sturm, oder? 'Ganz und gar nicht', sagt Polizeisprecher Christian Owsinski. Seine Recherche zu den Fällen der vergangenen zwölf Jahre ergab genau zwei Vorgänge, in denen es um Tiere, Glocken und genervte Nachbarn ging. Einer davon trug sich im Jahr 2008 in der Nähe von Memmingen zu, beim zweiten Fall handelt es sich um besagte Geschichte aus Oberdorf: Weil die Nachbarn bei dem nächtlichen Gebimmel kein Auge zubekamen, wandten sie sich an die Polizei.
Auch am Landratsamt haben solche Fälle eher Seltenheitswert, bestätigt dessen Sprecher Andreas Kaenders. Der Fall aus Oberdorf aber beschäftige die Behörde schon seit längerer Zeit. 'Wir haben dort auch schon konkret eingegriffen', sagt Kaenders, 'und den Tierbesitzer gebeten, den Tieren die Glocken doch nachts bazunehmen.' Der Mann aber habe argumentiert, dass er seine Tiere hören müsse, sollten die einmal aus dem umzäunten Gelände ausbüxen und dann auf die nahe gelegenen Bahngleise laufen. Ob die Behörde denn verantwortlich sein wolle, wenn eines seiner Tiere vom Zug erfasst werde, habe der 53 Jahre alte Tierhalter gefragt.
Verfahren in der Schwebe
Das Landratsamt wiederum sieht die Sache ein bisschen anders und rückte dem uneinsichtigen Tierhalter bereits im Juni mit einer Nutzungsuntersagung zu Leibe, die nicht etwa auf nächtlichen Ruhestörungen, sondern auf dem Baugesetz gründet: 'In einem allgemeinen Wohngebiet ist es nicht zulässig, Vieh zu halten', argumentiert das Landratsamt. Das Verfahren ist laut Kaenders gerade in der Schwebe, der Tierhalter habe gegen die Nutzungsuntersagung Klage eingereicht. Einen Sofortvollzug, so Kaenders, habe das Landratsamt nicht angeordnet.
Geldbuße noch nicht verhängt
Unterdessen aber wurde gegen den 53-Jährigen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet – wegen der Ruhestörung, die die Nachbarn so sehr nervt. Eine Geldbuße ist aber laut Kaenders noch nicht verhängt worden. Der Oberdorfer Halter von mehreren Ziegen und Eseln habe noch Gelegenheit, sich in der Sache zu äußern.