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Nackte Pilger unterwegs

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Nackte Pilger unterwegs

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    Nackte Pilger unterwegs
    Nackte Pilger unterwegs Foto: veronika.krull@t-online.de (

    Immenstadt | vk | Gänzlich entblößte Pilger 1986 auf einer Wallfahrt im Oberbayerischen: Diese etwas skurril anmutende Szene steht im Mittelpunkt des ersten Romans von Gerhard Dick, Lehrer für Deutsch und Englisch am Gymnasium Immenstadt. 'Die Nudistenwallfahrt' hat der 58-jährige Autor folgerichtig sein Werk betitelt.

    Dennoch geht fehl, wer eine despektierliche Auseinandersetzung mit der kirchlichen Sexualmoral erwartet. Dick lässt in der Nacktwanderung, angesiedelt in der Tradition franziskanischen Purismus und einen Zustand höchster Verletzlich-keit symbolisierend, die Lebensfäden der Romanfiguren vor dem Hintergrund der Abrüstungsdemonstrationen und der Katastrophe von Tschernobyl zusammenlaufen. Die Wallfahrt wird zum Wendepunkt.

    Vorliebe für indirekte Rede

    Die Ereignisse werden geschildert aus der Sicht eines Erzählers, der ohne Namen bleibt und in seiner Distanz zu den Figuren für diese zum Spiegel wird.

    Der Erzählstil ist fast nüchtern, bisweilen gar lakonisch, wenn etwa der Großvater mit dem Seufzer 'de Haufa Rooß, de mir ghabt ham' eine ganze, leidvolle Geschichte zusammenfasst. Die Beobachterrolle wird unterstrichen mit der Vorliebe für indirekte Reden, selbst in Augenblicken höchster Emotionalität: 'Ich flüsterte wie berauscht, dass ich sie liebte wie nie jemanden zuvor.'

    Gleichwohl ist das Buch lebendig geschrieben und wird zu einem Lesevergnügen durch präzise, detailreiche Wortgemälde und eine schnörkellose, dennoch elegante Sprache, deren harmonischer Fluss durch die gern verwendeten langen, aber stets wohl gefügten Satzkonstruktionen eher verstärkt wird.

    Lesungen mit Lyrik

    Gerhard Dick tritt seit einigen Jahren mit Lyrik und Kurzgeschichten bei Lesungen im Raum Bodensee/Allgäu auf. In seinem ersten großen Werk verarbeitet er politische und persönliche Erfahrungen aus den 1980er Jahren, die er lange Zeit mit sich herumtrug, bis sich ihm zur Jahrtausendwende die Gelegenheit bot, in einem ehemaligen Kloster in der Schweiz seine Erinnerungen zu ordnen.

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