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Nackte Kinder, die im Müll nach Essen suchen

Hilfseinsatz

Nackte Kinder, die im Müll nach Essen suchen

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    Nackte Kinder, die im Müll nach Essen suchen
    Nackte Kinder, die im Müll nach Essen suchen Foto: msecms

    Die Bilder der Flutkatastrophe in Pakistan vom August sind noch im Gedächtnis vieler Menschen. Millionen Pakistaner verloren ihr Hab und Gut, noch immer leidet die Bevölkerung unter Gesundheitsproblemen. Neben vielen anderen Organisationen engagiert sich die Hilfsorganisation Humedica aus Kaufbeuren im Land und hat einige Hilfstrupps entsandt. Dr. Beata Hofmann, Fachärztin für Allgemeinmedizin, aus Füssen war für Humedica für 16 Tage in Pakistan. Sie sind Oberärztin in der geriatrischen Abteilung am Krankenhaus Schongau. Was hat Sie bewogen, sich zu diesem Einsatz zu melden?

    Hofmann: Ich glaube, ich habe so ein bisschen ein Helfersyndrom in mir. Schon als Zehnjährige war ich vom Urwalddoktor Albert Schweitzer und seiner Tätigkeit begeistert. Ich wollte einfach etwas Sinnvolles leisten. Dazu kamen die Nachrichten und Bilder aus den Medien und zuletzt ein E-Mail von Humedica, die Ärzte suchten und ich zudem in dem Zeitraum Urlaub hatte.

    Wie haben Sie sich auf diesen Einsatz vorbereitet?

    Hofmann: Ich hatte schon 2009 ein Vorbereitungstraining bei Humedica absolviert. Vor der Reise habe ich Bücher über Pakistan gelesen. Darüber hinaus habe ich viel Informationen über die aktuelle Situation, die Flut sowie über unsere Partnerorganisation vor Ort gelesen. Zur Vorbereitung gehörten natürlich einige Impfungen und eine Malariaprophylaxe. Des weiteren nahm ich einen Karton mit Medikamenten, Desinfektionsmitteln und Skalpellen mit, die mir Manfred Wagner von der "Stadtapotheke" kurz vor Abreise zur Verfügung gestellt hatte.

    Wie waren ihre ersten Eindrücke nach ihrer Ankunft?

    Hofmann: Nach rund 20-stündigem Flug über Karachi nach Sukkur in der Provinz Sindh war dort die Aufnahme sehr freundlich und die Hilfsbereitschaft beeindruckend. Die Flüchtlingslager bereits am Weg vom Flughafen waren aber erst einmal ein Schock: Betten direkt neben der Straße, chaotische Verkehrsverhältnisse, Berge von Müll, auf denen nackte Kinder und Tiere nach Nahrung suchten. Das für mich Erstaunliche aber war, man gewöhnt sich nach ein paar Tagen an dieses Bild, es wird zur Normalität.

    Wie ist die medizinische Lage vor Ort und wie konnten Sie helfen?

    Hofmann: Wir waren zwei Ärztinnen und zwei Krankenschwestern und konnten aufgrund der einfachen Verhältnisse vor Ort nur basismedizinische Versorgung leisten. Das Gros waren Hauterkrankungen, Abszesse, Augen- und Ohreninfektionen der Kinder, Atemwegsinfekte wegen der schlechten Luft und dem Leben auf dem Boden sowie Durchfälle. Die unterernährten Kinder und geschwächten Erwachsenen litten zudem aufgrund der Stresssituation an Ganzkörper- sowie Magenschmerzen. Hauptsächlich konzentrierten wir uns auf die Behandlung von Kindern und Frauen. Pro Tag behandelten wir rund 80 bis 100 Patienten.

    Sind die Menschen sehr verzweifelt?

    Hofmann: Das hat mich überrascht, eigentlich gar nicht. Trotz der Armut sind sie fröhlich. Ich fand insbesondere die große Anzahl von Kindern sehr beeindruckend. Die Größeren sieht man an der Straße arbeiten, die kleineren Geschwister tragen die Kleinsten oft mit, sie suchen in Müll nach Verwendbarem, sind häufig voll mit infizierten Wunden und juckendem Ausschlag.

    Aber sie lachen, sie spielen, sind freundlich und sehr lebendig. Nur tief in ihren Augen erkennt man das Leiden.

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