Eigentlich war es ja nur ein typischer Streit zwischen Vermieter und Mieter. Doch auf der Anklagebank im Amtsgericht Sonthofen musste ein Nachbar der Mieter Platz nehmen, wegen Beleidigung. Der 67-Jährige war in die Sache hineingeraten, als er gewissermaßen als Zeuge des Vermieters auftreten sollte.
Der Beschuldigte bestritt die in der Anklageschrift vermerkte Äußerung "Ihr sollt die Schnauze halten!" Er habe lediglich gegenüber dem arbeitslosen Ehemann gesagt, "Ihr solltets mal mit Arbeit probieren!" Richter Andy Kögl hatte dennoch keinen Zweifel daran, dass es wohl so gewesen sei, wie es das Mieter-Ehepaar in der Strafanzeige zu Protokoll gegeben hatte und nun auch vor Gericht wiederholte. Der Nachbar wurde wegen der vom Richter so gewerteten Herabwürdigung zu einer Geldstrafe von 3350 Euro (50 Tagessätze) verurteilt. Der Verteidiger hatte vergeblich einen Freispruch seines Mandanten gefordert und die Aussagen des Ehepaars als unglaubwürdig hingestellt. Beleidigungen hatten freilich schon vor Jahren zu Verurteilungen des jetzt 67-Jährigen geführt.
Der vor Gericht verhandelte Streit fing mit einem Wasserschaden in der Wohnung der Mieter an. Das Ehepaar minderte daraufhin die Miete um zehn Prozent, wie vor Gericht klar wurde. Als der Vermieter mit dem Nachbarn als Zeuge in der Mietwohnung Fotos machen wollte, um den Schaden zu dokumentieren, verweigerte der Wohnungsinhaber den Zutritt. Das war offensichtlich der Auslöser der mutmaßlichen Schimpfkanonade, ausgerechnet durch den Begleiter des Vermieters.
Dass sich die Nachbarn nach diesem Vorfall nicht mehr grün waren, kam auch in weiteren Schilderungen vor Gericht zur Sprache. Mit weiteren Beleidigungen sei noch nicht Schluss gewesen, beschwerten sich die Mieter. Überdies seien sie im ganzen Viertel schlechtgemacht worden, durch den Beschuldigten und dessen Lebensgefährten. Auch dies bestritt der Beschuldigte mit Unterstützung durch seinen Rechtsanwalt.
Der Verteidiger hielt der Staatsanwältin sogar vor, bei ihrer Forderung nach Strafe obergerichtliche Vorgaben außer Acht zu lassen. Es gebe nun einmal keine objektiven Beurteilungskriterien für den Ablauf der Auseinandersetzungen. Aussage stehe gegen Aussage.
Richter Kögl hingegen befand das Mieter-Ehepaar für glaubwürdig, allein aufgrund der detailgenauen Schilderung des ursprünglichen Vorfalls. Nun hat der Verteidiger erst einmal ein paar Tage Zeit, um Berufung gegen das verkündete Urteil einzulegen. (pts)