Die Staatsanwaltschaft Kempten hat gegen den Betreiber der Grüntenlifte in Kranzegg (Oberallgäu) die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen beantragt. Darüber muss jetzt das Amtsgericht Sonthofen entscheiden. Die Anklagebehörde wirft dem 67-Jährigen fahrlässige Tötung vor. Er soll die Piste bei schlechter Sicht nicht ausreichend markiert haben. Am 10. Januar dieses Jahres war ein 17 Jahre alter Snowboardfahrer bei extrem dichtem Nebel von der Piste abgekommen und in der Folge einen steilen Hang hinabgestürzt. Der Jugendliche aus Weißenhorn im Kreis Neu-Ulm wurde am Abend dieses Tages nach einer längeren Suchaktion von Bergwachtlern tot aufgefunden.
Extrem schlechte Sicht
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war die Markierung der Piste in dem Bereich, wo der Jugendliche von der präparierten Abfahrt abkam, unzureichend. Verantwortlich für die Sicherung einer Piste ist nach geltendem Recht grundsätzlich der jeweilige Liftbetreiber. "Verkehrssicherungspflicht" heißt das im Fachjargon. An jenem Januartag herrschte extrem schlechte Sicht durch dichten Nebel. Die Sichtweite betrug laut Staatsanwaltschaft teilweise unter zehn Meter. Nach Ansicht der Anklagebehörde hätte der Betreiber der Liftanlagen dafür sorgen müssen, dass die Pistenränder markiert sind und so ein Abkommen von der Piste verhindert wird.
Das Fehlen von genügend Markierungsstangen war nach Erkenntnis der Anklagebehörde ursächlich für den tödlichen Unfall. Im Praxishandbuch "Recht und Sicherheit im organisierten Skiraum" von Helga Weber und Gerhard Dambeck (Kempten) heißt es: "Die Markierungsstangen sollen in einem Abstand von etwa 40 Metern den Pistenverlauf kennzeichnen. Eine engere Markierung kann auf Grund der örtlichen Gegebenheiten erforderlich sein." Sollte der Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgen und eine Geldstrafe gegen den Liftbetreiber verhängen, könnte dieser dagegen Einspruch einlegen. Dann würde in der Angelegenheit in einem Hauptsacheverfahren entschieden.
Dabei würden dann voraussichtlich auch Zeugen und Sachverständige gehört. Zudem dürfte zur Sprache kommen, ob der Betrieb des Gipfellifts an diesem Tag aufgrund der extrem schlechten Liftverhältnisse hätte eingestellt werden müssen.
Die Betreibergesellschaft hatte jegliche Schuld zurückgewiesen. Gleichwohl hatte die Alpine Einsatzgruppe der Polizei den Liftbetreiber unmittelbar nach dem Unglück aufgefordert, zusätzliche Markierungspfosten in dem Bereich aufzustellen, wo der junge Snowboarder von der Piste abgekommen war. Dies hatte der Liftbetreiber auch gemacht.
Grundsatzfrage
Sollte es zu einem Hauptsacheverfahren kommen, wird dessen Verlauf in der Branche mit Interesse verfolgt. Geht es doch um die grundsätzliche Frage, wo die Grenze zwischen der Haftung des Liftbetreibers und der Eigenverantwortung eines jeden Wintersportlers verläuft.