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Nach Kunstfehler im Operationssaal Streit um das Schmerzensgeld

Kempten/Oberallgäu

Nach Kunstfehler im Operationssaal Streit um das Schmerzensgeld

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    Schmerzen, schlaflose Nächte, Angstzustände - das Leben von Dieter Hofmann ist nicht mehr das, das er früher geführt hat. Bis in den Herbst 2008 war der Handwerker in Altersteilzeit körperlich und geistig aktiv. Kümmerte sich ums Eigenheim in Börwang, bastelte im Keller, löste gerne Kreuzworträtsel, pflegte mit seiner Frau die 97 Jahre alte Schwiegermutter. "Ich kann das alles nicht mehr", sagt der 64-Jährige und ist den Tränen nah. Ursache für seine Leiden ist aus seiner Sicht ein Behandlungsfehler bei einer Darmoperation. Jetzt streitet er mit der Haftpflichtversicherung des Klinikums um die Höhe des Schmerzensgelds.

    Zu einer Vorsorgeuntersuchung hatte sich der Mann angemeldet. Die Darmspiegelung wies auf eine Zyste hin. Der Arzt überwies seinen Patienten ans Klinikum. "Nach der Entfernung der Zyste wurde die Wunde am Darm verklebt", berichtet Ehefrau Margot Hofmann. Doch der Wundverschluss löste sich. In einer zweiten Operation musste der Darm erneut abgedichtet und der Bauchraum gereinigt werden.

    Zwei Wochen lang erträgt der Handwerker starke Schmerzen, dann bringt ihn seine Frau wieder ins Klinikum. "Fünf Stunden hat es gedauert, bis man eine Tomographie gemacht hat", erzählt die Gattin. Und was zeigte sich? Im Bauchraum war nach der zweiten Operation ein Bauchtuch zurückgelassen worden. Wieder musste Hofmann unters Skalpell. Zwei weitere Eingriffe folgten, drei Wochen Reha-Aufenthalt schlossen sich an.

    "Drei Monate hat es gedauert, bis mein Mann wieder nach Hause konnte", rechnet die Oberallgäuerin vor.

    Schmerzen hat der Patient nach wie vor. Narben zeichnen seinen Bauch, das Gewebe ist empfindlich. "Lupfen kann ich gar nichts mehr", sagt er. Deswegen muss sich mittlerweile ein Pflegedienst um seine bettlägrige Schwiegermutter kümmern. Tief sitzen auch die seelischen Wunden: "Ich kann nicht mehr schlafen. Wenn doch, habe ich Albträume, dass ich wieder in einem Krankenhaus bin." Ein Psychiater gibt Hilfestellung. Sauer sind die Betroffenen auch auf Klinik-Geschäftsführer Michael Schuler, der sie nicht empfangen habe.

    "Nichts zu vertuschen versucht"

    "Mit dem Patienten und seiner Frau spreche ich jederzeit", sagt dagegen Schuler. Nur mit dem Sohn des Ehepaars sei kein vernünftiges Gespräch möglich gewesen. Deshalb habe er einen Termin platzen lassen. Schriftlich habe er indes bedauert, dass die besagte Operation nicht gut verlaufen sei. Auch Chefarzt Dr.Dr. Peter Sterk habe sich in aller Form entschuldigt. "In keiner Phase wurde versucht, den Fehler zu vertuschen", betont Schuler.

    Derartige Kunstfehler zählten zu den großen Ausnahmen, versichert der Geschäftsführer. In den drei Jahren seiner Amtszeit sei ihm in Kempten kein weiterer Behandlungsfehler bekannt geworden. Und natürlich seien alle Mitarbeiter erneut darauf hingewiesen worden, dass Bauchtücher vor und nach Eingriffen abzuzählen sind. Zudem habe man auf andersfarbige Tücher umgestellt.

    Für die Regulierung des Schadensersatzes ist die Haftpflichtversicherung des Klinikums zuständig. 12000 Euro hält der Anwalt des Patienten für angemessen. In einem "ansatzweise vergleichbaren" Fall in der ADAC-Schmerzensgeldtabelle müsste ein Schmerzensgeld von 12500 Euro bezahlt werden. 4000 Euro hält dagegen die Versicherungskammer Bayern als Schmerzensgeld für angemessen. In dem angeführten Vergleichsfall seien weit schwerere Folgen aufgetreten, meint stellvertretender Pressesprecher Thomas Bundschuh.

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