Beobachter im Gerichtssaal merkten es Richter Andy Kögl an, dass ihm dieses Urteil gegen eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern schwer- fiel, zumal auf der Anklagebank viele Tränen flossen. Letztendlich, so sah es der Vorsitzende bei dem Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Sonthofen, habe es aber keine andere Möglichkeit mehr gegeben, als die mehrfach vorbestrafte und unter Bewährung stehende Frau aus dem Oberallgäu wegen gewerbsmäßigen Betrugs für zwei Jahre ins Gefängnis zu schicken. Vielleicht kann sie sich jetzt einer erfolgreichen Therapie wegen ihres offensichtlichen Kaufrausches unterziehen. Handys, Navigationsgeräte, eine Digitalkamera, Kleider für mehrere hundert Euro, Schuhe, Friseurbesuche - all dies stand auf der Wunschliste.
Dabei lebt die Frau von Hartz IV. Ihre Vermögensverhältnisse, so hielt es der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift fest, seien "desolat". Dennoch gelang es ihr immer wieder, mit ihrer EC-Karte Waren zu
ordern und selbst ein Darlehen von
einer Bank zu ergattern.
Gipfel bei den neun angeklagten Betrugsfällen war eine Pauschalflugreise der Mutter und ihrer drei Kinder nach Tunesien mit vorheriger Taxifahrt zum Flugplatz Stuttgart. Die Angeklagte händeringend: "Ich konnte meinen Kindern doch sonst nichts bieten". Gezahlt wurde bei all den zusammengetragenen Dingen nur in einem Fall. Einmal wurde unter falschem Namen eingekauft.
"Ich habe großen Mist gebaut. Das ist wie eine Sucht. Ich brauche Hilfe", schluchzte die Frau vor Richter Kögl. Wie auch ihre Verteidigerin bat sie um eine letztmalige Chance, mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen, um bei ihren Kindern bleiben zu dürfen. Immerhin hatte sie sich nach der Taxifahrt und Flugreise selbst angezeigt.
Der Staatsanwalt sah mit seiner Forderung nach zwei Jahren und zwei Monaten Gefängnis für die Frau keine Chance mehr, Gnade walten zu lassen. Schließlich sei es bei den Betrügereien "um Luxusgüter" gegangen.
Von einer Kaufsucht, die die Schuld der Frau mildert, ging Richter Kögl aus. Aber auch er erkannte keine Bewährungsmöglichkeit mehr für die Angeklagte in Freiheit.
Hätten Sie doch Ihre EC-Karte beizeiten zurückgegeben!, nahm er die Frau ins Gebet. Schon im letzten Bewährungsbeschluss war festgehalten gewesen, dass nur noch Bargeschäfte erlaubt seien. (pts)