Die ältere Frau hat die Lücke in der Versorgung am eigenen Leib erfahren: Erst der Oberschenkelhalsbruch, dann die Operation und die Tage im Krankenhaus. Als sie entlassen wird, ist die Frau zwar formal nicht mehr krankenhauspflichtig. Hilfe braucht sie aber dennoch. Schmerzen und Krücken verhindern, dass sie zum Beispiel einkaufen oder Wäsche waschen kann. Zwölf Wochen lang. So lange hat ihr der Arzt strikte Ruhe verschrieben. Das Problem: Für eine ambulante Hilfe, auf welche die Frau nun eigentlich angewiesen wäre, zahlt die Krankenkasse nicht.
Eva-Maria von Blon hat es immer wieder mit Fällen wie diesen zu tun. Die Sozialpädagogin arbeitet zum einen in der Sozialberatung der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, zum anderen ist sie Vorstandsmitglied des Kaufbeurer Netzwerks Altenhilfe und Gerontopsychiatrie. Tagtäglich kümmert sie sich um Hilfe, Betreuung und die Rückkehr in den Alltag nach Krankenhausaufenthalten. Sie meint: "Es besteht definitiv eine Versorgungslücke. Da muss etwas passieren. Das ist ein Drama."
Die Schnittstellen zwischen stationärer und häuslicher Unterstützung müssten an diese Entwicklung angepasst werden, meint von Blon weiter. "Die Menschen werden immer früher aus den Krankenhäusern entlassen, aber oft fehlen Freunde und Familie, die helfen können", sagt sie. Meist müssten ältere Menschen dann sogar in die Kurzzeitpflege.
Und dort entstünden enorme Kosten. Von rund 3000 Euro pro Monat spricht von Blon, zusätzlich zu den Kosten Zuhause. Bezahlen müssen die Patienten selbst, ohne Zuschuss seitens der Kassen. Seit der Einführung der Pflegeversicherung hätten sich die Kassen bei der Nachsorge auf die Kannregel zurückgezogen. Medizinische Behandlungen wie etwa Verbandswechsel oder Arzneimittel sowie Hilfsmittel würden gewährt. "Die Kosten für die Grundpflege wie Essen machen oder Anziehen sind aber nicht Bestandteil der gesetzlichen Regelung", erklärt die Sozialpädagogin. Ein Ausweg: Manche Patienten könnten Hilfe zur Pflege beim Sozialamt beantragen. Voraussetzung hierfür ist aber die Offenlegung und Prüfung der finanziellen Situation. Dafür wiederum sei bei vielen die Hemmschwelle zu hoch.
Mit einer Petition haben sich Betroffene und Behandelnde inzwischen an den Deutschen Bundestag gewendet. Sie fordern, dass ein Paragraf im Sozialgesetzbuch geändert wird. Während der parlamentarischen Prüfung der Petition werden noch bis Ende August Unterschriften gesammelt. Nach der Sommerpause soll dann debattiert werden.
Sollte sich der Bundestag nicht zu einer Gesetzesänderung durchringen, empfiehlt das Netzwerk eine sogenannte Seniorenunfallversicherung. "Die sind nicht teuer. Schon mit um die 100 Euro im Jahr ist man abgesichert", sagt sie. Alle Hilfeleistungen würden nach einem Unfall bis zu sechs Monate lang gewährt und bezahlt. Zum Beispiel Menüservice, Einkäufe, Begleitungen zum Arzt oder Wohnungsputz.
Informationen gibt es beim Netzwerk Altenhilfe und Gerontopsychiatrie, Telefon (08341) 8338, oder per E-Mail an netzwerk-altenhilfe@web.de