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Nach 90 Metern war Schluss

Oberstdorf

Nach 90 Metern war Schluss

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    Nach 90 Metern war Schluss
    Nach 90 Metern war Schluss Foto: gÜnter jansen ‹gjansen@onlin

    An diesem Wochenende stürzen sich die weltbesten Weitenjäger wieder von der Skiflugschanze in Oberstdorf, wenn es um den Gesamtsieg bei der neu geschaffenen Team-Tour der Skispringer geht. Wir sprachen mit Ski-Historiker Dr. Jochen Unger (70) aus Sonthofen über die Ursprünge und die Faszination des Skispringens.

    Wann taucht die Disziplin Skispringen das erste Mal auf? Welche Quellen gibt es darüber?

    Dr. Unger: Eine frühe schriftliche Quelle nennt ein Skispringen 1808 in Eidsberg, Norwegen, das Olaf Rye mit einer Weite von 9,5 Metern gewann. In den 1920er-Jahren gab es sogar zwei Schanzen in Berlin und in der Umgebung einige weitere.

    Wann trauten sich in Deutschland die ersten Springer von einer Schanze?

    Dr. Unger: Ein Jahr nach der Vereinsgründung 1906 gab es ein Schauspringen in Oberstdorf. An den "Halden" wurde eine große und eine kleine Schanze gebaut. Weitere Anlagen gab es später am Karatsbichl, am Kühberg und ab 1926 am Schattenberg.

    Wann entstand die Skiflugschanze im Stillachtal?

    Dr. Unger: Im Mai 1949 wurde das Projekt in einer Skiclub-Versammlung vorgestellt. Am 10. Dezember desselben Jahres war Hebauf und am 2. Februar 1950 machte Heini Klopfer, der Planer der Anlage, selbst den ersten Sprung auf 90 Meter. Bei der 1. Skiflugwoche vom 28. Februar bis zum 5. März 1950 stellte Dan Netzel aus Schweden mit 135 Metern einen neuen Weltrekord auf. Die Skiflugschanze im Stillachtal wurde mehrmals, besonders zur Skiflug-WM 1973, umgebaut, um weiter und sicherer springen zu können.

    Aus welchem Grund wollten die Oberstdorfer unbedingt eine Skiflugschanze?

    Dr. Unger: Die deutschen Skispringer durften nach dem Krieg ja nicht im Ausland starten. Doch das hervorragende Springer-Trio aus Oberstdorf, Heini Klopfer, Sepp Weiler und Toni Brutscher wollte unbedingt springen. Und zwar weit wie auf der Großschanze in Planica in Slowenien. Dort war Sepp Bradl 1936 erstmals über 100 Meter gesprungen. Klopfer war ein Spitzenspringer und von Beruf Architekt. Er baute den Aufsprung seiner Schanze so modern, nämlich unter die berechnete Flugbahn der Springer.

    Mit welcher Technik flogen damals Klopfer und Co über den Aufsprunghügel?

    Dr. Unger: Zur Zeit des Oberstdorfer Trios war es üblich, dass die Springer mit den Händen ruderten, weil sie glaubten, damit größere Weiten zu erzielen. Später streckten die Athleten Arme und Hände nach vorne und einige Jahre später legten sie sie am Körper an.

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    Wie weit könnte heute ein Springer theoretisch auf einer bestehenden Schanze fliegen?

    Dr. Unger: Die Neigung und die Länge des Aufsprungs sind entscheidend. Je weiter ein Springer in den flacher werdenden Teil des Aufsprungs kommt, einem desto höheren Druck muss er standhalten. Das Unfallrisiko steigt enorm. Die Wettkampf-Jury ist verantwortlich, dass der Anlauf so gewählt wird, dass dies nicht geschieht.

    Die Weltbestleistung hält der Norweger Björn Einar Romören mit 239 Metern, die er im März 2005 in Planica sprang. Geht es noch weiter?

    Dr. Unger: Auf den bestehenden Schanzen sind die Grenzen so ziemlich erreicht. Um noch weiter zu fliegen, müsste man die bestehenden, sofern überhaupt möglich, umbauen oder neue Schanzen erstellen, was meines Wissens aber momentan nirgends vorgesehen ist.

    Warum ist Skifliegen so faszinierend und lockt die Massen an?

    Dr. Unger: Die Athleten vollbringen außergewöhnliche Leistungen und kommen dem Traum vom Fliegen für kurze Zeit sehr nahe. Sie benutzen keinen Gleitschirm und auch keinen Drachen. Das ist für den Außenstehenden immer noch unbegreiflich.

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