Werner Hartmann war 1984 Olympia-Teilnehmer. Von Martin Frei Jengen Wenn Werner Hartmann von seiner Olympia-Teilnahme 1984 berichtet, gerät er ins Schwärmen. Damals war der Buchloer mit dem deutschen Diskuswerfer-Team in Los Angeles. Olympia hat ihn seither nicht mehr losgelassen auch wenn der Unternehmer die Spiele in Sydney während der vergangenen Wochen nur am Fernseher verfolgen konnte.
'Olympia war für mich schon als kleiner Bub das große Ziel. Die Teilnahme \'84 war deshalb auch ein Ereignis, das mich geprägt hat.' Gerne erinnert sich Hartmann an die Tage in Los Angeles. Eigentlich wäre er schon vier Jahre vorher in Moskau dabeigewesen. Doch wegen des deutschen Olympia-Boykottes musste der heute 41-jährige Diskuswerfer zu Hause bleiben. Die Spiele in den USA waren dann 'psychologisch fast eine Nummer zu groß für mich'.
Allein der Einmarsch ins Stadion unter dem Jubel von 72 000 Zuschauern sei 'mehr als überwältigend' für ihn gewesen. Vielleicht mit ein Grund, warum er damals sportlich 'unter seinen Möglichkeiten' geblieben ist. Gerade bei einer technischen Disziplin wie dem Diskuswerfen sei die Konzentration extrem wichtig. 'Und die war damals einfach weg.' Natürlich sei Hartmann enttäuscht gewesen. Die Faszination Olympia hat ihn deshalb nicht losgelassen. Auch nicht, nachdem er 1988 mit dem profimäßigen Sport aufgehört hat. Inzwischen hat der gelernte Drucker Hartmann den Diskus mit dem Computer vertauscht, betreibt in Jengen ein Unternehmen zur Weiterverarbeitung von Druckerzeugnissen und hält es sportlich mit Winston Churchill: 'No sports' (kein Sport), so der Unternehmer augenzwinkernd. Zwischen den Arbeitsbildschirmen in seinem Büro steht dennoch ein kleiner Fernseher, auf dem in den vergangenen Wochen den ganzen Tag die Übertragungen aus Sydney flimmerten. 'Ich kann nicht dauernd fernsehen und bleibe auch nicht die ganze Nacht auf, um mir Olympia anzuschauen', so Hartmann, 'das geht mit der Firma einfach nicht.'
Manchmal Gänsehaut
Zumindest die Leichtathletik-Disziplinen verfolgte er aber gespannt und immer noch fasziniert. 'Bei manchen Wettbewerben bekomme ich schon eine Gänsehaut.' Der Sieg der Australierin Cathy Freeman beim 400-Meter-Lauf sei beispielsweise ein solcher Moment gewesen. Auch über die Silbermedaille seines Diskuswerfer-Kollegen Lars Riedel hat sich Hartmann gefreut. 'Der hat eine absolute Topleistung gebracht. Aber an diesem Tag war eben einer besser als er.'
Insgesamt hat Hartmann die Beobachtung gemacht, dass die Leichtathletik in den 16 Jahren seit Los Angeles 'um einiges professioneller' geworden ist. Während es zu seiner aktiven Zeit kaum möglich war, von der Leichtathletik zu leben, 'gibt es heute schon einige, die sich dadurch sanieren können'. Sportlich habe sich dagegen zumindest beim Diskuswerfen nicht allzuviel verändert. 'Die Weiten sind nicht bedeutend größer geworden', die Leistungsdichte an der Weltspitze dagegen enorm.
Und wie beurteilt ein begeisterter Olympionike in Zeiten von Doping-Skandalen und zunehmender Kommerzialisierung die olympischen Ideale? ' ,Dabeisein ist alles` hat noch nie gegolten. Wer zu den Spielen fährt, der will unbedingt eine Medaille sonst braucht er gar nicht anzutreten', ist Hartmann überzeugt. Zwischen Doping und Kommerzialisierung sieht der Sportler einen engen Zusammenhang. 'Die Sponsoren wollen Sieger sehen und da ist es verständlich, dass manche mit verbotenen Mitteln nachhelfen wollen.' Seiner Meinung nach werden sich die strengen deutschen Maßstäbe in Sachen Doping international nicht durchsetzen. 'Vielleicht muss man bestimmte Bereiche einfach freigeben, damit wieder alle die gleichen Chancen haben.'
Selbstvertrauen steigt
Trotz allem ist sich Hartmann sicher, dass ihm seine Olympia-Teilnahme auch für seine jetztige Tätigkeit einiges gebracht hat. 'Durch die Spiele steigt das Selbstvertrauen enorm. Da macht man auch weiter, wo andere vielleicht schon lange aufgegeben hätten.'