In Hindelang: s Christkind ischt kumme Von Barbara Hell Hindelang Werden am Heiligabend in Christmetten allüberall Lieder wie Oh du Fröhliche oder Es ist ein Ros entsprungen gesungen, erfüllt die Hindelanger Pfarrkirche ein mehrstimmiges Singet, Lit oder Kling klaong. Keiner der Gläubigen braucht ein Notenbuch, um diese Mundartlieder text- und melodiensicher anzustimmen: s Christkind ischt kumme, haot d Noat vu is gnomme! Seit 1936 singen die Hindelanger diese beiden Lieder in der Christmette. Damals hatte ihr Dorflehrer, Organist, Chordiener und was der Lehrerfunktionen in jener Zeit noch mehr war, Karl Hafner, schon einige Liedtexte in Ostrachtaler Mundart vertont, darunter eben die beiden Weihnachtslieder, die jeder Hindelanger in- und auswendig kennt. Der hochmusikalische Karl Hafner war 1920 ins Ostrachtal gekommen und hat sich gewundert: Überall traf er auf sing- und musizierfreudige Menschen. Die intonierten zwar oberbayerische, schwäbische und Tiroler Lieder. Doch nach Hindelanger Liedgut forschte der Lehrer vergebens. Ming Hindelaong Mit dem Heimatdichterehepaar Josef Gaßner und Toni Gaßner-Wechs begann Hafner zunächst, solche umgedichteten und mündlich überlieferten Lieder und Jodler aufzuzeichnen.
Schon bald aber schrieb das Paar Texte in Ostrachtaler Mundart, die Hafner vertonte. Ming Hindelaong besingt die Huimat, döt, wo der Iselar Grenzwacht haolt und siech d Murbele hoibe dünt am Haong. Die Hindelanger Messe, noch heute vor allem bei Hochzeiten in der kostbaren Bad Oberdorfer Kirche gerne gesungen, preist unter anderem die Holbein-Madonna mit den Worten Du liebe Fröu im Oastrachtal! Mir grüeßet di und sgöttle Kind! Die Erfolge regten immer mehr Ostrachtaler dazu an, mit ihren eigenen Worten die Vorweihnachtszeit, die Berge, die Holzer und Jäger, die Liebe und die Sehnsüchte zwischen Büebe und Föhla zu beschreiben: Genaue, liebevolle Beobachtungen zu Natur und Zwischenmenschlichem wurden da zu Papier gebracht, in schlichten, manchmal ein bisschen ironischen Sätzen, stimmungsvoll, oft von lyrischer Kraft und immer in dem Bewusstsein, Karl Hafner würde die richtigen Noten dazu zu setzen wissen. Es ist wirklich erstaunlich, welche künstlerischen Talente sich hier im Lauf der Jahrzehnte entwickelten, schwärmt Karl Otto Hafner, pensionierter Studiendirektor, Kirchenchorleiter, Musikschulen-Initiator und Sohn von Karl Hafner. Zusammen mit seinem Bruder Wolfgang hat er vor einigen Jahren die besten von 169 vom Vater gesammelten und vertonten Mundartlieder in dem Buch Ming Hindelong herausgegeben. Von der Auflage von 2000 Stück ist käuflich keins mehr zu erwerben. Denn die Hindelanger leben mit ihren Liedern: bei den Liederabenden, die Karl Otto Hafner mehrmals im Jahr veranstaltet, bei Konzerten der verschiedenen örtlichen Volksmusikgruppen, bei Theateraufführungen. Und natürlich bei der Christmette.