'Es trifft die Ärmsten' Allgäuer Heimbetreiber hoffen auf Gesetzesänderung. Von Peter Schwarz Oberstdorf/Wertach/Scheidegg Wenige Tage vor dem Muttertag scheinen sich die düsteren Wolken über den drei Mütter-Kurheimen des Allgäus zu verziehen. In Oberstdorf, Wertach und Scheidegg sah man schon das Ende dieser Erholungsmaßnahmen für erschöpfte Frauen gekommen. Das wäre auch das Aus dieser Häuser unter dem Dach des Müttergenesungswerks gewesen, erklären die Heimleiterinnen. Ein Beschluss der AOK Bayern, freiwillige Zuschüsse drastisch zu kürzen, hatte für einen Aufschrei gesorgt. Eine Gesetzesänderung soll nun die Mütterkur als Pflicht aller Kassen verankern.
'Ausgerechnet bei den Ärmsten wird angesetzt', schüttelt Gisela Klobe vom Oberstdorfer Mütterkurheim 'Hohes Licht' noch immer den Kopf über eine Satzungsänderung der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK). Zum April wurde die seitherige volle Kostenerstattung gestrichen und durch einen niedrigeren Festzuschuss ersetzt. An einem Beispiel würde das bedeuten, dass ohnehin schon wenig begüterte Familien oder auch allein erziehende Mütter für die übliche dreiwöchige Regeneration mehr als 1500 Euro aufbringen müssten, anstatt des bisherigen Eigenanteils von 200 Euro. 'Was sind wir Mütter eigentlich wert in der Gesellschaft?' zürnten daraufhin viele gestresste und ausgebrannte Frauen. Ein Drittel aller Erholungsbedürftigen war bisher von der AOK zur Genesungsstätte geschickt worden, das genauso wie die beiden anderen Allgäuer Einrichtungen sogar ein AOK-Gütesiegel für die Qualität der Therapie besitzt.
Der AOK-Beschluss wird Schule machen, lautet die Befürchtung. 'Bei einer Belegung unter 80 Prozent können wir dichtmachen', rechnet Betriebsleiterin Viktoria Oestreich vor. Nicht viel anders sieht es im St.-Marien-Mütterkurheim Wertach aus. In der Reha-Einrichtung werden schwerpunktmäßig Frauen betreut, die neben dem normalen Haushalt oder ihrem Beruf noch behinderte Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen haben. Am Schutz der Mütter scheint es aber zu mangeln, klagt Heimleiterin Schwester Monika. Im Evangelischen Mütter-Kind-Kurheim Scheidegg, wo die Mütter zusammen mit ihren Sprößlingen untergebracht sind, fürchtet Heimleiterin Sabine Oberländer auch um die dortigen 30 Arbeitsplätze.
So hofft sie inständig, dass die Kassen und Familienpolitiker doch noch vernünftig werden und die Mütterkur sogar stärken. Darauf scheint es kurz vor dem Muttertag hinauszulaufen. Unterschriftensammlungen und Protestaktionen haben offensichtlich sowohl im bayerischen Sozialministerium als auch beim Bundesgesundheitsministerium den nötigen Druck erzeugt.
'Mehr Gerechtigkeit'
Aus Sicht von AOK-Pressereferent Markus Braun bahnt sich eine bundesweite gesetzliche Regelung bereits zum 1. Juli an, nachdem die AOK ihre Satzungsänderung vorläufig ausgesetzt hat. Wenn die Mütterkur-Beihilfe für alle Krankenkassen zur Pflicht gemacht würde, herrscht nach seinem Empfinden endlich 'mehr Gerechtigkeit' unter den konkurrierenden Versicherungsträgern. Elisabeth Taubenberger, Mutter von zwei Kindern und beruflich selbstständig, bräuchte dann nicht mehr für ihre gestressten Geschlechtsgenossinnen mit zu bangen. Sie versucht derzeit in Oberstdorf, neue Kräfte zu schöpfen. 'Das tut mir alles sehr gut', sagt sie zu den Anwendungen.