Seit knapp zwei Wochen sind Gerhard Schnitzler (36), Markus Schnür (25) und Gerhard Kneppler (35) aus Ottobeuren und Hawangen mit Mountainbikes in Indien unterwegs und haben bei ihrer Extremtour 600 Kilometer und insgesamt 12 000 Höhenmeter überwunden. Heute berichtet Markus Schnür über die letzte Etappe der Radtour über den höchsten befahrbaren Pass der Welt, der auf 5602 Metern liegt.'Nachdem wir in Leh angekommen waren, haben wir mal wieder richtig viel gegessen und uns dann einen Tag Auszeit gegönnt, bevor es dann an die Königsetappe ging: 40 Kilometer zum Kardung La Pass und zurück, also 2100 Höhenmeter nach oben und danach in einer gigantischen Abfahrt wieder nach unten. Kaum aus Leh heraus ging es bergauf und ich merkte, dass meine Beine wohl doch noch nicht so fit waren, wie ich gehofft hatte. Aber das ist wohl normal nach 500 Kilometern in acht Tagen ohne einen Ruhetag. Naja, wir dachten alle, dass es beim Kardung La etwas leichter geht, weil wir zum ersten Mal nicht unser ganzes Gepäck mitnehmen mussten. Aber das war doch nicht ganz so, schließlich fuhren wir halt doch nicht auf Allgäuer Höhe sondern ein paar Tausend Meter drüber. Ich habe auf jeden Fall die ersten paar Kilometer schon ein bisschen die dünne Luft gemerkt, aber das normalisierte sich wie jeden Tag. Weil jeder bei so einem langen Pass sein eigenes Tempo fahren muss und normalerweise jeder einen anderen Rhythmus fährt, war unsere Gruppe bald ein wenig auseinander gezogen, und als ich die anderen beiden nicht mehr sah und meine Beine immer schwerer wurden, kamen mir etwa 20 Kilometer vor der dem Ziel immer wieder die Gedanken abzusteigen und mit dem nächstbesten Jeep oder Lkw nach oben zu fahren. Aber man kann ja nicht einfach so kurz vor dem Ziel aufgeben!Die indischen Straßenbauarbeiter machen einem das aber auch nicht leichter - auf der kompletten Strecke zwischen Manali und dem Kardung La stehen gelbe Schilder am Straßenrand, auf denen in gebrochenem Englisch so tolle Sprüche stehen wie: 'Remember cat has nine lifes you just one!' (Denk daran, dass eine Katze neun Leben hat und du nur eins). Da denkt man schon darüber nach, was man gerade eigentlich macht.14 Kilometer vor der Passhöhe war ein Polizeiposten, der unsere Pässe kontrollierte und ein spezielles Visum von uns wollte.
Dieses hatten wir aber nicht. Aber nach ein bisschen Getuschel der Polizisten kamen sie wieder und waren mit ein paar Euromünzen zufrieden. Anscheinend werden die auch in Indien gesammelt Nach einem Chai, einem Milchtee, ging es weiter, unsere Gruppe zog sich wieder auseinander und während der letzten elf Kilometer fielen mir immer wieder Rechenbeispiele ein. Also zum Beispiel, dass es jetzt nur noch genauso weit ist wie von Ottobeuren nach Memmingen - wenn man mal die Höhe, das Schneckentempo und den Anstieg vergisst Fünf Kilometer vor dem Ziel kam wieder ein indischer Militärkonvoi mit etwa 70 Lkw vorbei. Die gaben mir nochmal richtig Aufschwung, weil sie klatschten und jubelten und mich anfeuerten. Das kann einen, auch wenn man total fertig ist, nochmal brutal beflügeln und so kam irgendwann die letzte Kurve des Passes und ich konnte schon das Schild sehen auf dem stand: ,The Worlds Highest Motorable Pass (5602m)' (Der höchste befahrbare Pass der Welt). Was für ein Gefühl.'