Sonthofen (uw). Moderne Techniken für Ausbildung und Einsatz halten bei der Bundeswehr immer stärker Einzug. Gestern nahm Generalmajor Dieter Henninger, Amtschef des Streitkräfteamtes, in Sonthofens Generaloberst-Beck-Kaserne das Verteilte Klassenzimmer in Betrieb. Dort werden sogenannte Teletutoren ausgebildet, die dann in der Bundeswehr Fernlehrgänge abhalten. Mit Hilfe modernster Technik ist per Videokonferenzen sogar zeitgleich eine gemeinsame Ausbildung an mehreren Standorten möglich. Schulkommandeur Oberst Detlev-Holger Müller nannte die Anlage ein Sahnehäubchen. Neue Aufgaben der Bundeswehr samt starker Beteiligung an multinationalen Auslandseinsätzen erfordern einen Wandel in der Ausbildung. Statt viel eigens Personal in Lehrgängen an Bundeswehr-Schulen zu binden, sollen Soldaten verstärkt die Vorteile der Fernausbildung nutzen. Wir müssen nicht jeden Kursteilnehmer an eine Schule holen, lobte Henninger die Vorteile dezentraler Ausbildung. Über Internet und das interne Bundeswehr-Intranet lässt es sich vom Arbeitsplatz oder daheim aus lernen. Soldaten sollen zudem mehr als bisher in Eigeninitiative etwas für ihre Weiterbildung tun und wenn Luft im Dienst ist (Henninger) über ihren Computer einfach ein Lernportal anwählen.
Die Bundeswehr will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits kann die Ausbildung besser werden und sogar Soldaten im Auslandseinsatz erreichen; andererseits lassen sich Ausgaben einsparen. Rund 150000 Euro kosteten Umbau und technische Ausstattung des neuen Hörsaals auf der Generaloberst-Beck-Kaserne (GOB). Über die neuen Lehrgangsverfahren ließe sich das Geld binnen zwei Jahren einsparen, hieß es. Zudem baut die Bundeswehr ein eigenes Autorenteam auf, das dann Computer- und Internet-gestützte Trainingsmöglichkeiten entwickelt. Sind die Experten einmal nicht ausgelastet, können sich das Wissen (gegen Bezahlung) auch Firmen zu Nutzen machen. Grundlage sind freilich Lehrer, die im Umgang mit neuen Medien fit sind. Entsprechende Schulung solle jeder dritte Ausbilder der Bundeswehr durchlaufen, so Henninger. Die Möglichkeiten des Fernlehrens (Tele-Teaching), Fernlernens (Tele-Learning) und Fernmoderierens (Tele-Tutoring) würden nun in der Ausbildungs- und Übungsanlage verteiltes Klassenzimmer praxisgerecht umgesetzt. Die Sonthofer Schule für Feldjäger und Stabsdienst ist damit ein Vorreiter in erlesener Gesellschaft. Verteilte Klassenzimmer gibt es bisher nur an drei weiteren Bundeswehr-Einrichtungen: der Führungsakademie in Hamburg, dem Zentrum Innere Führung (Koblenz) und der Akademie für Information und Kommunikation (Straußberg bei Berlin). Laut Henninger wird das Konzept ausgeweitet: Heer, Luftwaffe und Marine hätten Interesse. Auch insgesamt scheint die Schule für Feldjäger und Stabsdienst auf einem guten Weg: Von den 53 Hörsälen und Ausbildungseinrichtungen auf der Burg benötigen 32 moderne EDV-Anlagen. Laut Müller ist die Hälfte ist fertig ausgestattet, sind von insgesamt 629 nötigen Computern 315 installiert.