Vortrag von Dr. Wolfgang Zeune beim Historischen Verein Füssen (wa). Großes Interesse fand der Vortrag des Burgenforschers Dr. Wolfgang Zeune, den er im Rahmen eines sogenannten Hoagarte beim historischen Verein "Alt Füssen" hielt. Über die Burgen im Füssener Land hat der Referent schon früher bei Alt Füssen gesprochen. Diesmal ging es um den mittelalterlichen Burgenbau allgemein und die später entstandene Burgenromantik im besonderen.
Was wir noch in der Schule gelernt haben über die Ritterburgen, Folterkammern, Geheimgänge, Keuschheitsgürtel, siedendes Öl oder Pech, den hohen Bergfried, Fallgitter und dergleichen mehr ist größtenteils reiner Unsinn, so Zeune. Die neuzeitliche Forschung arbeitet genau, modernste Technik, steht ihr zur Verfügung und sie sucht nicht Romantik, sie sucht die Wirklichkeit. Die meisten der vom 11. bis 13. Jahrhundert entstandenen Burgen hatten Symbolcharakter, waren Machtdemonstrationen. Man baute auf herausragenden, auf erhöhten Plätzen zumeist. Der einfache Adel wohnte darin so bescheiden, wie der Bau es war, ein mit Palisaden oder einer Mauer bewehrter Hof. Im Lauf der Jahrhunderte sind die Bauten gewachsen, die Wehranlagen wurden verbessert. Während ihrer Nutzung haben sie nie Höhe und Ausmaß der romantischen Nachbauten erreicht. Selbst beim Hohen Schloß in Füssen ist man einem Irrtum erlegen: Der sogenannte Gefängnisturm wurde erst bei den Erweiterungsbauten ab 1489 durch bischof Friedrich von Zollern errichtet. Man glaubte immer, er sei ältestes Teil. Schon im 14. Jahrhundert begann laut Zeune das Burgensterben, der Adel zog in die Städte. In den folgenden Jahrhunderten bemächtigten sich Künstler der Burgendarstellung, dramatisierten sie. König Ludwig II. wollte aus den Ruinen des schon 1090 erwähnten Vorder- und Hinterschwanstein eine "echte Burg" hinbauen, Neuschwanstein entstand. Falkenstein war ein Machtsymbol der Tiroler, militärisch völlig unbrauchbar. Der Burgfried war weder zur Verteidigung geeignet, noch war er letzter Zufluchtsort. Ein Turm hatte schon seit biblischen Zeiten Symbolcharakter, er war Zeichen für Schutz und Frieden, nie der Bedrohung. Vieles war auch einfach eine wehrhaft aussehende Modeerscheinung. Zeunes Fazit: Die Burg des Mittelalters war nie Kriegsobjekt , am ehesten sollte sie demonstrieren, wer hier das Sagen hat.