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Mittel gegen die Montagsdepression

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Mittel gegen die Montagsdepression

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    Von Michael Dumler, Leutkirch - Da sitzt er nun, in dieser souveränen Lässigkeit eines Mannes, der viel erreicht hat: Helmut Markwort, bekannt als Herausgeber und Chefredakteur des Nachrichtenmagazins 'Focus' oder als 3sat-Fernsehmoderator ('bookmark'). Bekannt aber auch durch einen Ausspruch in einem stets wiederkehrenden TV-Spot, der das Selbstverständnis eines Mannes prägt, der als einer der mächtigsten Journalisten in Deutschland gilt: 'Fakten, Fakten, Fakten'. 69 Jahre ist Markwort alt. Viel hat er erlebt. Mit Verve und Witz fesselt er 200 Besucher im randvoll gefüllten Bocksaal in Leutkirch über zwei Stunden lang. 'Talk im Bock: Menschen mit Geschichten' heißt die Leutkircher Talkrunde des Journalisten Bernd Dassel, die von Jazz-Musik der Gruppe 'Just Friends' aufgelockert wird. Ja, Geschichten hat sein Gast viele zu erzählen. Denn er kennt sie alle, die in Politik und Wirtschaft das Sagen haben. 'Ich duze aber keinen einzigen deutschen Politiker', sagt Markwort. 'Wollen die nicht oder Sie nicht?', hakt Moderator Dassel nach. 'Ich will nicht!' Dafür gibt's viel Applaus. Nähe zu Politikern sei wichtig, um an Informationen zu kommen. Ein Journalist müsse aber immer auch auf Distanz gehen. Alt-Kanzler Helmut Kohl hätte das nie verstanden und auch Gerhard Schröder würde schnell mit Journalisten Freundschaft schließen wollen ('Ich bin der Gerd'). 'Das geht aber nicht', so Markwort. Seinen größten Coup landete er vor zwölf Jahren mit der Herausgabe des 'Focus' (Auflage heute rund 600000 Exemplare), der als 'konstruktives Blatt' (Markwort) die Menschen informieren will (Fakten, Fakten, Fakten!). Schluss sein sollte mit der 'Montagsdepression', die man durch den Kauf des bis dato einzigen Nachrichtenmagazins, des 'destruktiven Spiegels', bekam. Dieses Monopol sei schlecht und die Zeit reif gewesen, es zu brechen, betonte Markwort. Stolz ist er, das schier Unmögliche geschafft zu haben: 'Spiegel und Focus - das ist heute ein Weltanschauungsstreit wie Daimler und BMW.

    ' Zitat Aus Verzweiflung, weil die Bayern-Heimspiele meist ausverkauft sind, gehen die Leute sogar zu den Spielen des TSV 1860 München, nur um das neue Stadion zu erleben.} Helmut Markwort, 'Focus'-Chef, Fan und Aufsichtsratsmitglied des FC Bayern München. Als Lokaljournalist hatte er 1956 in Darmstadt angefangen (Markwort: 'Eine Lokalzeitung ist viel wichtiger als der Stern, der Spiegel oder der Focus. Denn bei ihr hat der Bürgermeister Angst.'). Schnell ging's dann die Karriereleiter hoch. 1966 wurde er mit 30 Jahren Deutschlands jüngster Chefredakteur ('Bild + Funk'). Es folgte ein Zerwürfnis mit dem Verleger Franz Burda, später die Rückkehr in dessen Verlag. Mit dem Titel 'Erster Journalist im Hause Burda' darf sich Markwort schmücken. Drei Jahre lang will er das noch tun. Und vor allem auch die 'Focus-Familie' um wichtige Themen wie Schule oder Gesundheit weiterentwickeln. Einer seiner schlimmsten Momente sei der Tod des Focus-Reporters Christian Liebig gewesen, der bei einem Raketenangriff auf Bagdad 2003 ums Leben kam. Als Erinnerung an den geschätzten Kollegen wurde die Christian-Liebig-Stiftung ins Leben gerufen, die sich in Afrika engagiert (erstes Projekt ist der Bau einer Schule in Malawi, für den beim 'Talk im Bock' gesammelt wurde). 'Ich hoffe, dass wir einen richtigen Wechsel bekommen', sagt das FDP-Mitglied Markwort ('Ich bin eigentlich nur eine Karteileiche') im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl. Einer großen Koalition traue er nicht. 'Die unpolitischen RTL-Zuschauer muss man auf seine Seite ziehen.' Dann gewinne man die Wahl. Welchen Politiker würde er in die Bedeutungslosigkeit wünschen, fragt Dassel. Markwort überlegt, verschränkt die Arme: 'Einer ist zu wenig', sagt er augenzwinkernd, und man kann sich vorstellen, dass er auch als Schauspieler - regelmäßig tritt er in dem alten Darmstädter Mundart-Volksstück 'Datterich' auf - das Publikum begeistert. Wie als Talk-Gast in Leutkirch.

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