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Mitreißend komödiantisch

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Mitreißend komödiantisch

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    Marktoberdorf (gsc). - Gegen Amors treffsichere Pfeile ist kein Kraut gewachsen, vor allem bei Shakespeare nicht, dessen Komödie 'Der Widerspenstigen Zähmung' wortgewitzt alle Facetten des prompt einsetzenden Geschlechterkampfes ausleuchtet. 'Das Ensemble' beschwor mit seiner traditionellen, mitreißend komödiantischen Bühnenversion im voll besetzten Modeon heiterste Theaterlaune. Nach Regisseurin und Prinzipalin Ellen Schwiers war es dem knapp dreißigjährigen Shakespeare in London mit der 'Zähmung' des Allzu-Weiblichen vollkommen ernst. Für sie ist es erst eine moderne emanzipatorische Errungenschaft, wenn ihre Schauspielerin-tochter Katerina Jacob - mittlerweile Leiterin der Theatergruppe - nach mehreren Rückschlägen ihre Kate mit weiblicher List auf ganzer Linie triumphieren lässt. Indes war, wie der Name schon sagt, das Elisabethanische Zeitalter mit Maria Stuart und Elisabeth in Schottland und der neuen Seemacht England sowie den beiden Medici-Regentinnen in Frankreich durchaus ein Zeitalter der Frauen-Power, die Shakespeare zugleich grell und subtil auch in seiner frühen Komödie von 1593 beschwört.

    Kunstvoll verwickelt Elisabeth pflegte übrigens gern selbst in Shakespeares Aufführungen hereinzuplatzen, um sich, wie das Publikum seither, bezaubern zu lassen von den kunstvoll verwickelten Liebes- und Sein-und-Schein-Sujets, in denen Standesgrenzen verschwimmen, wenn - wie in der oberitalienischen Commedia dell'arte - die pfiffigen Diener die Fäden in die Hand nehmen. Da tänzelt der gewitzte Tranio (Thomas Killinger) im lila Samtwams seines Herrn über den Platz in Padua. In Heidrun Schmelzers geschicktem Bühnenprospekt öffnet er sich wie in Palladios zeitgleichem Teatro olimpico im nahe gelegenen Vicenza in symmetrische Straßenzugänge. Hier also, in der humanistischen Stadt, will sich sein Herr Lucentio den Wissenschaften in die Arme werfen, als ihn just Amors Pfeil trifft. Drei Freier schmachten damit um die Gunst der hübschen und vor allem pflegeleichten Bianca (Melanie Jung), die Vater Babtista, ein echter Edelmann und 'Pantalone' der Commedia dell'arte, allerdings erst frei gibt, wenn die temperamentvolle ältere Tochter Katharina mit dem respektlosen Mundwerk unter der Haube ist. Spritzig perlend hat Ellen Schwiers die Shakespeare-Farce mit ihrer Mischung aus Prosa und melodischen Blankversen in einer eigenen Übersetzung den Protagonisten in den Mund gelegt. Derber Schwank und graziöse Renaissance-Kultur in malerischen Kostümen verschmelzen so zu einem virtuosen Zähmungsversuch von Alexander Strobeles Petruchio. Rhythmisch umrahmt von zeitgenössischen Liedern und Musik auf Schlüsselfiedel, Cister und Rauschpfeife (Albrecht Schmidt-Reinthaler) gelang dem 'Ensemble' zum 20-jährigen Jubiläum mit zeitlos ansteckendem Komödiantentum ein heiterer Blick auf Shakespeares Welttheater.

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