Kempten (sf). - Von wegen schöne Bescherung: Die Mitarbeiter des Alten- und Pflegeheims Pro Seniore in Kempten sollen das Weihnachtsgeld aus dem Jahr 2003 in Raten zurückzahlen. Laut der Gewerkschaft Verdi seien einige Beschäftigte von Pro Seniore in Kempten sogar 'zu einer Unterschrift auf einem Darlehensvertrag erpresst worden'. Die meisten allerdings weigerten sich die Verträge zu unterschreiben, die die Geschäftsleitung des Unternehmens in Saarbrücken in ihren Heimen verteilt hatte. Jetzt geht bei den Mitarbeitern die Angst um, dass Pro Seniore ihnen das Geld beim Januargehalt abzieht. Betroffen sind rund 50 Krankenschwestern, Altenpfleger und Helfer der Pro Seniore Residenz Kempten. Früher erhielten sie ihr Weihnachtsgeld problemlos, das bei Altenpflegern etwa 1900 Euro ausmacht. Doch Ende 2003 wurde es von der Unternehmensleitung in Frage gestellt und nur noch teilweise als 'Sonderzahlungsvorschuss' entrichtet. In den meisten Heimen von Pro Seniore gab es bis 2004 keine Tarifverträge und ob das Weihnachtsgeld im Arbeitsvertrag verankert ist - darüber gehen die Meinungen auseinander. Im Februar 2004 schließlich kam die 'Interne Mitteilung', dass es sich bei der Sonderzuwendung um ein Darlehen gehandelt habe und dies zurückgezahlt werden müsse. 'Dabei hat überhaupt kein Beschäftigter irgendein Darlehen bei Pro Seniore beantragt', sagt Gewerkschaftssekrektärin Jutta Aumüller von Verdi. Außerdem hätten sie laut Arbeitsvertrag einen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Deshalb klagte ein großer Teil der Mitarbeiter mit Hilfe der Gewerkschaft gegen die Forderung. Aumüller: 'Mehrere Urteile bestätigten den Anspruch der Beschäftigten auf Weihnachtsgeld - sowohl für 2003 als auch für später.' Die Urteile des Arbeitsgerichts Mainz seien rechtskräftig, der Rest des Weihnachtsgelds mittlerweile ausbezahlt worden.
'Steuerliche Gründe'Das hielt die Unternehmensleitung in Saarbrücken aber nicht davon ab, jetzt vor Weihnachten eine Rückzahlung in Raten zu verlangen. 'Wir sehen die Zahlung nach wie vor als Darlehen an', erklärt Peter Müller, Pressesprecher von Pro Seniore, und verweist auf anders lautende Urteile aus Heilbronn und Saarbrücken. Eine Rückzahlung sei zudem 'aus steuerlichen Gründen notwendig'. Denn da für den 'Sonderzahlungsvorschuss' keine Steuern anfielen, mache dem Unternehmen die Staatsanwaltschaft Saarbrücken Schwierigkeiten. Außerdem komme man den Beschäftigten entgegen, so der Pressesprecher: 'Wenn sie den Darlehensvertrag unterzeichnen, erhalten sie 50 Prozent Rabatt.' Auf den Einwand, die Beschäftigten hätten 2003 doch gar kein Darlehen beantragt, meint Müller: 'Das war allen bekannt.''Stimmt überhaupt nicht', sagt dagegen eine Mitarbeiterin, die aus Angst vor Repressalien nicht genannt werden will. Jeder habe geglaubt, dass es sich - wie früher - um das Weihnachtsgeld handle: 'Wir haben kein Darlehen beantragt, warum sollen wir dann eins zurückzahlen?' Die Beschäftigten, die den Darlehensvertrag jetzt unterschrieben, hätten dies unter Druck getan. 'Weil ihnen die Heimleitung gedroht hat, dass der Betrag sonst komplett beim nächsten Gehalt einbehalten wird', so Aumüller. Eine Mutter oder ein Familienvater brauche aber den ganzen Verdienst, um Miete und Essen zu bezahlen. Und wie geht’s jetzt weiter? Sollte Pro Seniore tatsächlich einen Teil des Gehalts einbehalten, erläutert die Verdi-Sekretärin, müssten die Beschäftigten die Auszahlung wieder vor dem Arbeitsgericht erzwingen. Aumüller: 'Ein völlig sinnloser Rechtsstreit.'