Mit einem nassen Schwamm wischt Ricarda Wallhäuser über die Stuckverzierungen in der Lindenberger Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul. Entspannt sitzt sie auf dem Gerüst in rund 20 Metern Höhe und fährt gewissenhaft immer wieder die einzelnen Bögen nach, die kleinen Rosen und anderen Ornamente sowie die größeren Flächen dazwischen.
Gemeinsam mit bis zu sieben weiteren Kirchenmalern reinigt die Mittdreißigerin seit Anfang März die Decken und Wände des Kirchenschiffs von Staub, Ruß und anderem Dreck, der sich in rund 50 Jahren seit der letzten Sanierung angesammelt hat. Und auch die Gemälde des Lindenberger Künstlers Paul Keck, die 1961 entstanden sind, werden unter die Lupe genommen. Über 5000 Quadratmeter Fläche liegt vor den Malern an einem der außergewöhnlichsten Arbeitsplätze Lindenbergs. Für Wallhäuser, die eigentlich als freischaffende Künstlerin in Berlin lebt, ist es das erste Mal, dass sie bei einer Kirchensanierung mithilft. "Es ist sehr spannend. So nahe würde man den Kunstwerken sonst nie kommen", erzählt die Frau, die extra für die Kirchensanierung ins Allgäu gekommen ist. So nah, dass sie auch schon Kleinigkeiten und Details an den Malereien entdeckt hat.
"An einer Stelle hat der Künstler zum Beispiel vermerkt, wie viel Geld er für die Malereien bekommen hat."
Gemälde in gutem Zustand
Mit warmem Wasser wischen Wallhäuser und ihre Kollegen den Schmutz und einen Teil der Dispersionsfarbe ab. Ganz entfernt werden kann die Farbe laut Stadtpfarrer Leander Mikschl nicht. "Dazu müsste man die Flächen bis zu sechs Mal reinigen. Dieser Aufwand ist zu groß", sagt Mikschl. Und so wird nur ein Teil der Farbe abgewaschen, um danach wieder einen Anstrich aufzutragen.
"Der Stuck ist in Elfenbein, die großen Flächen sind in einem Gelbton und die kleinen Flächen gräulich", erklärt Karlheinz Weinzierl, der mit seinem Kirchenmalerbetrieb aus Bellenberg (Landkreis Neu-Ulm) die Arbeiten in der Stadtpfarrkirche übernommen hat. Für den Neuanstrich verwendet er Leimfarbe. "Sie lässt sich mit Wasser abwaschen, reibt sich jedoch nicht ab", erläutert der Kirchenmaler die Vorteile. Außerdem könne darunter der Stuck besser atmen. "Unter der Dispersionsfarbe erstickt er, wird mürbe und zersetzt sich", sagt Weinzierl.
Die Gemälde des Lindenberger Künstlers Paul Keck säubern die Kirchenmaler mit einem Schwamm mit Kautschukmilch. "Das funktioniert in etwa so wie ein Radiergummi", erklärt der Stadtpfarrer. Regelmäßig schaut er den Kirchenmalern bei ihrer Arbeit über die Schultern oder bewundert die Malereien von Paul Keck an der Kirchendecke aus der Nähe.
"Wir waren vom Zustand der Gemälde positiv überrascht", sagt Mikschl.
Unter anderem mit Mitarbeitern des Landesamtes für Denkmalschutz hat er die Kunstwerke unter die Lupe genommen. "Die Farbe hält gut, es gibt kaum Stellen, an denen sie abplatzt, und so gut wie keine größeren Risse", berichtet Mikschl von den Ergebnissen. Und so werden die Kirchenmaler wohl nur an wenigen Stellen retuschieren müssen.
Bis August sind die Kirchenmaler nach derzeitigen Planungen mit dem Reinigen von Decken und Wänden des Kirchenschiffs beschäftigt. Danach wird laut Mikschl das Gerüst - es wiegt rund 65 Tonnen - abgebaut und in den Seitenschiffen sowie im Altarraum wieder aufgestellt. Denn auch dort sollen Wände und Decken gesäubert werden.
Rund 860000 Euro sind für die Sanierung des Kircheninnenraums veranschlagt. An zwei Stellen muss die Statik des Bauwerks ertüchtigt werden. Unter anderem hat die Holzkonstruktion über der Orgelempore Schwächen. Außerdem sind zwischen Kirchenschiff und Turm, größere Risse entstanden. Auch kleinere Arbeiten werden im Zuge der Innenraumsanierung mit erledigt. "In den Holzfiguren ist zum Beispiel der Holzwurm drin", sagt Mikschl.
Seit Anfang Februar geschlossen
Seit Anfang Februar ist die Stadtpfarrkirche schon für die Sanierungsarbeiten geschlossen. Die Gottesdienste finden jetzt in der Aureliuskirche statt. "Es klappt ganz gut, die Gläubigen verteilen sich", sagt Mikschl.
Die Sanierungen im gesamten Innenraum sollen bis zur zweiten Adventswoche abgeschlossen sein. "Weihnachten würden wir schon gerne wieder in unserer Stadtpfarrkirche feiern", sagt Mikschl.