"Summ, gali gali gali, Summ gali gali, " Die Erstklässler aus Haldenwang laufen auf der Stelle im Takt zum Lied der Kamelkarawane, die durch die Wüste zieht. Manche schlagen rhythmisch dazu auf eine Handtrommel, andere auf die Congas oder die Becken. Marietta Blind spielt Gitarre und gibt den Ton an. Die Lehrerin hat fürs Leiten dieser "Chorklasse" (Modellprojekt in Bayern) eine 20-tägige Zusatzausbildung absolviert, zudem schon vor langem die Chorleiterprüfung abgelegt. Die Schüler der 1b in Haldenwang haben nicht nur (wie üblich) zwei, sondern vier Stunden Musik in der Woche (insgesamt 25 anstatt 23 Stunden Unterricht) - und sichtlich Spaß daran. Die kleine Sophie schwärmt: "Singen ist mein Lieblingsfach. Ich möchte einmal Geigerin werden."
Andere Mitschüler waren zunächst skeptisch, beispielsweise der kleine Gioele. Die Mama hat ihn in die Chorklasse geschickt, obwohl er eigentlich gar nicht wollte. "Es ist besser als ich gedacht habe," gibt der Knirps zu und man hat den Eindruck, Singen gefällt ihm neuerdings.
Freude an Musik vermitteln
Aber um was geht es eigentlich in diesem Modellprojekt, das seit September 2010 an 20 Schulen in Schwaben und Oberbayern läuft? "Durch Musik wird jedes Kind in seiner Persönlichkeit, seiner sozialen Kompetenz, seiner Leistungsbereitschaft und seiner sprachlichen Entwicklung gefördert und gestärkt", heißt es in einer Mitteilung des Kultusministeriums. Grundschullehrerin Blind will in erster Linie Freude an der Musik vermitteln. "Vielleicht begleitet die Kinder Musik ja durch ihr Leben.
Singen ermöglicht Entspannung, macht Gemeinschaft erlebbar." Kinder lernten, aufeinander zu hören, Rücksicht zu nehmen. "Da werden ihnen spielerisch Werte vermittelt, ohne, dass es ihnen bewusst wird," sagt die Pädagogin, selbst Mutter von drei Kindern, mit denen sie und ihr Mann öfter musizieren und singen.
Es gibt Studien, die belegen, dass Singen die Konzentration fördert, weist die 42-jährige Pädagogin hin. "Zwischendrin ein Bewegungslied lockert den Vormittag auf," gibt sie einen Blick in die Schulpraxis. Die Kinder dürfen dazu klatschen, schnipsen, sich strecken und mit den Füßen stampfen - und manchmal auch ganz laut singen - und dann wieder ganz leise zischen. Bei der Chorklasse geht es auch darum, die Stimme zu stärken. Gestärkte Stimmen, so heißt es, führen zu einer gestärkten Persönlichkeit. Was sagen die Eltern dazu?
Michaela Prestel, Mutter der kleinen Rebecca, hat "den Eindruck, dass das Singen meiner Tochter gut tut". Auch zu Hause habe sie oft ein Lied auf den Lippen, sei fröhlich und ausgeglichen. Ähnliche Erfahrungen hat Sabine Bittner mit Sohn Kilian. "Er hat von Anfang an mehr Spaß an der Schule, als sein größerer Bruder Valentin in der ersten Klasse hatte." Vielleicht liegt es ja an der Chorklasse?, mutmaßt die Haldenwangerin. Eltern und Kinder hoffen, dass das Projekt weiterläuft. Marietta Blind wünscht sich, dass eines Tages allen musischen Fächern mehr Platz eingeräumt wird.
Das Interesse seitens der Eltern an der Chorklasse ist jedenfalls groß. So konnten zu Beginn des Schuljahres nicht alle Interessenten aufgenommen werden. Rektorin Margarita Heubuch hofft, dass die Chorklasse übers Schuljahr hinaus besteht. "Wenns möglich ist, würde ich gerne wieder eine Chorklasse gründen." Seitens des Kultusministeriums gibt es allerdings noch keine Entscheidung. Da bleibt nur eines, abwarten und singen. "Summ gali gali gali , summ gali gali, "