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Mit Kortison und Sauerstoff behandelt

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Mit Kortison und Sauerstoff behandelt

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    Von Volker Geyer, Kempten - Tillmann Hofer hat sich schon wieder die Johanniter-Jacke übergestreift und schiebt In nendienst im Rettungszentrum. 'Mir geht\'s recht gut', sagt der 18-Jährige ehrenamtliche Helfer. Allerdings muss er alle zehn Minuten ein Kortisonspray inhalieren, das ihm der Arzt in der Klinik verordnet hat. Dort verbrachte Tillmann zur Beobachtung die Nacht auf Donnerstag, nachdem er beim Ammoniak-Unfall im 'Allgäuer Brauhaus' im Einsatz war (wir berichteten). Neben dem Johanniter mussten sechs weitere Erwachsene und zwei Kleinkinder wegen Atembeschwerden stationär in Kliniken behandelt werden. Rund 130 Menschen erlitten laut Polizei leichte Verletzungen, als sich die Gaswolke über die Innenstadt legte. Zahlreiche weitere ließen sich vorsorglich wegen leichter Atembeschwerden ärztlich untersuchen. 'Das hätte schlimmer ausgehen können', lautet die Bilanz von Johanniter-Chef Wolfgang Strahl nach dem Ammoniak-Unfall. So seien glücklicherweise keine Brauerei-Mitarbeiter in der Nähe des so genannten Kälteverdichters gewesen, als dessen Zylinderkopf am Mittwoch gegen 16.45 explodierte und das gasförmige Kühlmittel entwich. 'Diese Männer hätten das Ammoniak unter Umständen in hoher Konzentration einatmen können', sagt Strahl. Die Folge wären schlimme Verätzungen der Atemwege gewesen. Dagegen habe für die Menschen im Freien nur geringe Gefahr bestanden. 'Dort war die Konzentration des Gases nicht mehr so hoch', erklärt Strahl: 'Ammoniak hat zudem den Vorteil, dass es arg stink, und deshalb jeder schnell das Weite sucht.' Dennoch mussten über 100 Menschen bis etwa 22.15 Uhr im Rettungszentrum in der Haubenschloßstraße ambulant versorgt werden. In den Krankenhäusern suchten ebenfalls viele Betroffene Hilfe. Laut dem Leitenden Notarzt vor Ort, Dr. Andreas Schabenberger, ließ das Ammoniak in erster Linie die Rachenschleimhäute anschwellen und sorgte für Entzündungen der Augen-Bindehaut. Aber außer Tillmann Hofer wurden nur noch ein 24 Jahre alter Feuerwehrmann sowie ein Säugling und ein 13 Monate altes Kind in Kempten stationär behandelt. Der Floriansjünger durfte noch am gleichen Abend und die anderen am nächsten Morgen nach Hause. Eine Nacht im Obergünzburger Krankenhaus verbrachten fünf Angestellte des Schnellrestaurants 'Burger King'. Die Patienten wurden mit Medikamenten und zum Teil mit Sauerstoff behandelt. Nach Angaben der Ärzte litten sie vor allem an Atembeschwerden. Mit einem leichten Kratzen im Hals und brennenden Augen kam Polizei-Obermeister Jürgen Häckelsmiller davon. Er fuhr gerade mit dem Streifenwagen den Freudenberg hin- auf, als sich das Gas verbreitete. 'Natürlich schießt einem kurz der Gedanke durch den Kopf, dass es für einen selbst gefährlich wer den könnte', erinnert sich der 29-Jährige, 'aber dann ist man nur noch auf die Arbeit konzentriert.' Galt es doch unter anderem, den Kathreinemarkt zu räumen und die Innenstadt abzusperren. Dicht gemacht haben kurz nach 17 Uhr auch etliche Geschäfte. Darunter der 'Burger King'. 'Wir dachten zuerst, dass Gas aus unserem Grill entwichen ist', erzählt eine Angestellte: 'Aber als wir die Hintertür öffneten, haben wir gemerkt, dass der Geruch von draußen kommt.' Da seien vor dem Restaurant schon etliche Passanten mit Taschentüchern vor den Gesichtern rumgelaufen. Von einem Sanitäter erfuhren sie kurz darauf, was passiert war. 'Wir haben dann bis fünf Uhr morgens alles desinfiziert und sämtliche Lebensmittel entsorgt', sagt Restaurant-Mitarbeiterin Sevda Demir.

    Viel zu tun Zu diesem Zeitpunkt schlief Johanniter Tillmann bereits im Krankenhaus. Durch die Nase wurde er mit zusätzlichem Sauerstoff ver sorgt. 'Ich bin gegen 21 Uhr in die Klinik ge kommen', sagt der 18-Jährige. Er vermutet, dass er durch die körperliche Arbeit viel Am moniak eingeatmet hat: 'Aber das hab\' ich im ersten Moment gar nicht richtig registriert.' Schließlich sei viel zu tun gewesen.

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