von Sibylle Mettler |SonthofenDicht gedrängt stehen die Zuschauer am Rand der Absperrung und warten auf den Start des Sonthofer Klausenumzugs. Wer erst knapp zum Umzug kommt, muss sich den Hals verrenken, damit er etwas sehen kann, als die ersten mit Fell behangenen Gestalten heranschreiten. Furcht einflößend schauen sie aus. In ihren fratzenhaften Masken, Tierfellen und unter mächtigen Hörnern wollen sie nach alter Tradition böse Geister und Dämonen vertreiben. Und wenn sie alle auf und ab hüpfen, dass ihre Schellen nur so bimmeln, macht das einen Ohren betäubenden Lärm.
Lärm und Zähne fletschen
Doch der fünfjährigen Nele aus Sonthofen scheint es zu gefallen. "Ich habe keine Angst", sagt sie und lässt sich vom Lärm der Ettensberger Klausen genauso wenig einschüchtern wie von den Zähne fletschenden Masken der Waldkircher Wolfsteufel. Nele ist vergnügt. Und sie hat den besten Platz von allen. Das Kind sitzt in einem der Bäume, die die Fußgängerzone säumen, gut bewacht von Mama Carina Milz.
Von dort oben haben die beiden den vollen Überblick. Auf die ruhigen Waldkircher Felsenwässerligeister mit ihren langen blauen Kopftüchern. Auf die Klausen und Bärbele aus Rieden, die auf einem motorisierten Gefährt sogar den Nikolaus mitbringen. Und auf die wilden Gesellen aus Bihlerdorf, deren lange Zipfelmützen ihnen weit übers Gesicht reichen.
Einer fällt Nele besonders auf. "Ein weißer Rumpelklaus!", ruft sie ihrer Oma begeistert zu. Mama Carina erzählt, dass ein Klaus einmal Nele sanft mit dem Finger über die Backe gestrichen hat. "Da war der Bann gebrochen."
Jan hält sich die Ohren zu
So unerschrocken sind freilich nicht alle Kinder, vor allem als die Gaichtpass Krampusse auftauchen. Einige von ihnen stieren mit bläulich beleuchteten Augen auf die Zuschauer. Ihre Fans, die von Weißenbach bei Reutte mit nach Sonthofen gekommen sind, brüllen die Kerle laut mit "uah, uah" an. Und die wilden Gestalten schreien genauso zurück. Dem kleinen Jan aus Imberg, der mit der Oma in der ersten Reihe steht, ist das zu viel. Er hält sich mit beiden Händen die Ohren zu. Und geht sicherheitshalber hinter dem langen Parka einer ihm fremden Frau in Deckung.
So geht noch ein paar Mal. Als die Immenstädter Klausen mit rund 60 Teilnehmern den abgesperrten Umzugsweg entlang laufen, presst Jan die Hände auf die Ohren. Und bei den Teufelsfratzen der Tannheimer Krampusse klettert er über einen Schneehaufen wieder hinten den Parka. Die unheimlichen Gestalten aus Rettenberg mit ihren gehörten Helmen jagen dem Buben aber keinen großen Schrecken ein. Und auch die Erebos Perchten aus Konstanz jucken ihn scheinbar wenig, obwohl sogar der Beindlkramer mit seiner Sense dabei ist. Doch er verliert seinen Schrecken, als ein paar Meter weiter ein Percht seine ganz und gar nicht dämonische Digitalkamera zückt.
Die Bärbele des Klausenvereins Sonthofen um Oberbärbele Nicole Adolf führen die letzte der 17 Gruppen aus dem Allgäu, Oberbayern, Tirol, Oberschwaben und dem Bodenseeraum an. "Oine scheener wie die ander", ruft Max Adolf, einer der beiden Moderatoren den grausligen Hexen aus Sonthofen zu. Sie ziehen mit ihre männlichen Verfolgern, den Gestalten um Oberklaus Matthias Hecht schließlich Richtung Markthalle und die dichten Zuschauerreihen lösen sich auf.
siehe Allgäu Rundschau