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Mit Gewerbegebiet wächst auch ein Biotop

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Mit Gewerbegebiet wächst auch ein Biotop

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    Bei neuen Baugebieten müssen die Gemeinden ökologischen Ausgleich schaffen ­ Marktoberdorf spart auf 'Ökokonto' Biessenhofen/Marktoberdorf (vit).3,5 Hektar groß ist ein neues Gewerbegebiet an der B 12 bei Altdorf. Dort wachsen bald weitere Firmengebäude in die Höhe, Grünland wird zu Straßen, Wiesen verschwinden unter Asphalt. Dafür entsteht Ausgleich: An der Gennachquelle nahe Bernbach ließ die Gemeinde einen Fichtenbestand ausforsten. Wo noch vor kurzem die Nadelbäume kaum Licht durchließen, kommen nun wieder seltene Pflanzen hoch wie der Schwalbenwurz-Enzian, der sich zwischen den Pfeifengras-Büscheln seinen Weg bahnt.

    'Manche Pflanzen können bis zu 20 Jahre an einem Standort bleiben, ohne zu blühen', weiß Dieter Frisch von der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Und genau diesen Erfolg hatte die Aktion an der Gennachquelle. Ein Teil des dortigen Kalkquellmoores ist schon bisher in einem Landschaftspflegeprogramm. Ein Bernbacher Landwirt pflegt das dortige Biotop, in dem seltene Pflanzen wie Alpenfettkraut und Mehlprimel, Alpenaster und Kleinseggen-Gräser gedeihen. Die Streuwiese zeichnet sich aus durch einen sehr kleinräumigen Wechsel zwischen kalkhaltigen Pfützen und trockenen Flächen.

    Fichtenbestand ausgelichtet

    In diese Richtung soll sich nun auch die 0,7 Hektar große Nachbarfläche wieder entwickeln. Dort stand bis vor kurzem noch ein dichter Fichtenbestand. Die Gemeinde ließ als Ausgleich für das neue Gewerbegebiet einen rund zehn Meter breiten Streifen von Bäumen entlang des Baches fällen. Der Boden hat nun wieder Licht und die ersten Pflanzen die für ein Kalkquellmoor typisch sind, können sich wieder entwickeln. Auch das übrige Wäldchen wurde ausgelichtet, sodass der einst typische Bewuchs sich wieder entfalten kann. Doch ehe auch dort die Fichten geschlagen werden, wollen die Naturschützer die weitere Entwicklung abwarten.

    Wie groß eine Ausgleichsfläche sein muss, richtet sich nach Art und Schwere des Eingriffs in die Natur bei einem neuen Baugebiet, erklärt Frisch. Nach einem einfachen Leitfaden kann der Planer ausrechnen, wie groß die Ausgleichsfläche sein muss.

    Mit dem Ausweisen der Fläche ist es nicht getan. Während für das neue Baugebiet Richtlinien für die künftige Bebauung erarbeitet werden, erstellt der Planer auch Richtlinien für die Entwicklung der Ausgleichsfläche. Dabei wird der Natur auf Kosten der Gemeinde auf die Sprünge geholfen. Ist das Ziel erreicht, übernimmt der Staat die Kosten für die Pflege der Fläche, damit beispielsweise eine Streuwiese nicht wieder verbuscht.

    Frisch ­ selbst Gemeinderat in Biessenhofen ­ lobt, dass auch seine Ratskollegen sehr aufgeschlossen für diese Naturschutzmaßnahme waren und dadurch ein 'herausragendes Beispiel' für die Ausgleichsregelung in einem besonders wertvollen Bereich entstand.

    Gut vorbereitet auf das Bereitstellen von Ausgleichsflächen hat sich Marktoberdorf. Einer Landschaftsarchitektin nannte man bereits vorbeugend 26,6 Hektar städtische Flächen für ein Ökokonto, berichtet Engelbert Wihlbiller vom Bauamt. Die Grundstücke wurden auf ihren ökologischen Wert hin untersucht, Entwicklungsziele wurden formuliert und nun stehen sie für Fälle bereit, in denen die Stadt einen Ausgleich für neue Baugebiete leisten muss. Vorteil dieses Ökokontos: Die Stadt kann schon jetzt die Flächennaturgemäß aufwerten und Pluspunkte zur Verrechung dafür ansparen, wenn ein neues Baugebiet entsteht. So wird beispielsweise für ein geplantes Thalhofener Baugebiet schon eine Fläche renaturiert.

    Nach Ansicht von Bürgermeister Werner Himmer sollen die Kosten für die Ausgleichsmaßnahme nicht auf die Bauherren umgelegt werden. Bisher gebe es auch keine Richtlinie, die die Umlegung auf die Erschließungskosten fordert. Sein Biessenhofener Kollege Erwin Fahr befürchtet aber, dass die Eingriffsregelung längerfristig das Bauen verteuert, da die Kosten der Ausgleichsmaßnahme irgendwann in die Kalkulation einfließen würden. Orchideen, Enzian, Fieberklee, Alpenaster, Wollgras und viele andere seltene Pflanzen entdeckt Dieter Frisch vom Landratsamt rund um die Gennachquelle zwischen Altdorf und Bernbach. Foto Vitalis Held

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