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Mit dem "Iller-Krokodil" nach Kempten

Eisenbahn

Mit dem "Iller-Krokodil" nach Kempten

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    Mit dem "Iller-Krokodil" nach Kempten
    Mit dem "Iller-Krokodil" nach Kempten Foto: ralf lienert

    Jedes Kind lernt es in der Schule: 1835 fuhr die erste Eisenbahn in Deutschland auf der Strecke Nürnberg-Fürth. Erstaunlich war, wie schnell die Gleisstrecken, auch im Allgäu, ausgebaut wurden. 1847 bereits geht die Verbindung Buchloe-Kaufbeuren in Betrieb. 1852 folgt die Verlängerung bis Kempten und 1853 bis Immenstadt, Oberstaufen und am Ende des Jahres gar bis Lindau. Die König-Ludwig-Brücke in Kempten erinnert an diese Zeit. Sie wurde allerdings nur bis Anfang des 20. Jahrhunderts von Zügen befahren. "Für den Bau der Holzbrücke hat man damals Ingenieure aus Amerika nach Kempten geholt, das Lärchenholz stammte aus der Schweiz," weiß der pensionierte Lokführer Karl Wirth. Er selbst ist freilich nie mit einem Zug über die Brücke gefahren. "1907 wurde die Betonbrücke nebenan in Betrieb genommen." Auf der König-Ludwig-Brücke rollten fortan Autos und seit vielen Jahren ist sie Fußgängern und Radfahrern vorbehalten.

    Der Kemptener Schnellzugbahnhof war aber noch bis in die 60-er Jahre die Haltestation in Hegge. "Ankommende Reisende sind dann mit dem so genannten Iller-Krokodil, einem Batteriewagen, nach Kempten in den Kopfbahnhof gebracht worden." Wer seinen Besuch wieder zum Kemptener Bahnhof zurück brachte, musste damals eine Bahnsteigkarte lösen. "Die hat zunächst zehn, später 30 Pfennige gekostet," erinnert sich Wirth.

    Er denkt gerne an die Zeit zurück, als der Bahnhof lebte mit den "atmenden und fauchenden Dampfloks". Die verschwanden allerdings mit dem neuen Bahnhof. 1969 seien die meisten Loks "verdieselt" gewesen, die Lokführer auf die neuen Zugmaschinen umgeschult worden. Die Diesellok V 200, mit der Karl Wirth damals oft unterwegs war, sei so laut gewesen, "dass ich mich wundern muss, dass ich heute keinen Hörschaden habe".

    Auf Gleis 7 vor der Kantine

    Wie Wirth hat auch Bernhard Gahlert Ende der 60-er Jahre die Heizlok noch mit Kohle befeuert. "Sie stand auf Gleis 7 vor der Kantine", erinnert sich der heute 66-Jährige. Unterirdisch waren Heizleitungen verlegt, an deren Ende die abgestellten Züge angeschlossen wurden. "Um drei Uhr morgens ging die Schicht los." Bis um 12 Uhr wurden die abgestellten Züge vorgewärmt, damit die Passagiere in temperierte Waggons steigen konnten. Im neuen Bahnhof sei das nicht mehr nötig gewesen. "Da wurden die Züge elektrisch vorgeheizt."

    Rund um die Uhr seien im alten Kopfbahnhof auch Rangierarbeiten im Gange gewesen. "Ende der 60-er Jahre waren eben viele Leute mit dem Zug unterwegs und auch die Pakete sind damals mit der Bahnpost verladen worden," sagt Gahlert. Sogar auf den kleinen "Unterwegsbahnhöfen" wie Waltenhofen sei das Stückgut dann ausgeladen worden. "Die Post am Bahnhof war zweckmäßig," urteilt Gahlert. Ist man in Kempten vom Bahnhof raus, kam man ans Posttor "Das ist dort, wo heute das Forum Allgäu steht."

    Das sei schon abwechslungsreich gewesen, früher als Lokführer und Heizer bei der Bahn. Heute noch wohnt Gahlert in der Nähe der Bahnstrecke Kempten-Ulm. "Von meinem Wohnzimmerfenster aus sehe ich die Züge fahren." (sir)

    Bis Anfang des 20. Jahrhunderts fuhren Züge über die König-Ludwig-Brücke.

    Historische Ansicht vom alten Bahnhof Kempten: Der Blick auf die Gleise geht von Süd nach Nord, also von der heutigen Berufsschule Richtung Forum Allgäu. Repros: Ralf Lienert

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