Von Toni Bihler, Altusried - Man kann nicht mit ihnen kuscheln. Gassi-gehen schon gar nicht. Und wenn keine Sonne scheint, dann haben die Bewohner von Richard Mayers Garten erst recht keine Lust auf Bewegung. Doch selbst wenn sie nicht die perfekten Haustiere sind - der Züchter aus Altusried hat seine europäischen Landschildkröten trotzdem ins Herz geschlossen. Schon seit über 40 Jahren beherbergt Mayer diese Reptilienart bei sich zuhause. 'Ich habe damals als Junge eine Schildkröte im Wald gefunden', erinnert sich der 62-Jährige. Das habe sofort sein Interesse geweckt. Er versuchte zwischendurch zwar, Papageien oder Fische zu züchten - doch nach derartigen 'Eskapaden' landete er wieder bei seinen gepanzerten Genossen. 'Die sind pflegeleicht und interessant zu beobachten'. So interessant, dass Mayer schon zwei Bücher geschrieben hat. Eines über die Tiere selbst und eines über den Lebensraum der Kaltblüter. 'Richtig intensiv wurde das Hobby aber erst, als ich in ein Haus gezogen bin - vorher war einfach nicht genug Platz da', erinnert sich der Oberallgäuer. Und den braucht man für eine artgerechte Haltung. 'Das ist wie mit einem Bauern, der seine Kühe hält - es geht nicht, ohne auf die Bedürfnisse der Tiere einzugehen.' Dass sich die Tiere, die bis zu 120 Jahre alt werden können, in ihrem Gehege wohl fühlen, merke man daran, dass sie Nachwuchs bekommen. Und das nicht zu knapp. 'Wenn ich die Männchen nicht getrennt von den Weibchen halten würde, wären sie viel zu aufdringlich', so Mayer. Was wohl daran liege, dass die Tiere in freier Natur selten aufeinander treffen. Nach der Paarung könnten die Schildkröten-Weibchen drei bis vier Jahre lang jedes Mal bis zu zwölf Eier legen, erklärt der Lehrer im Ruhestand. 'Meine 70-jährige sogar drei Mal im Jahr', freut sich der Hobby-Züchter.
Am gesündesten: Blattsalat Der Nachwuchs schlüpft nach 60 Tagen mit einer Größe von gerade mal zwei bis drei Zentimetern. Mayer füttert sie mit Blattsalat - das ist seiner Meinung nach am gesündesten. Problem: ' Gibt man ihnen zu viel Futter, dann bekommen sie einen ganz höckerigen Panzer', erklärt der Fachmann. 'Das sieht auch nicht mehr schön aus.' Besonders beeindruckt hat den 62-Jährigen, als vor zehn Jahren überlebensfähige Zwillinge schlüpften: 'Das ist bei diesen Urzeittieren sehr selten.' Ein Tag im Leben einer Schildkröte wäre der Traum für jeden Müßiggänger: 'Sie werden morgens erst aktiv, wenn sie sich an der Sonne aufgewärmt haben. Danach bekommen sie Hunger, fressen etwas und liegen den Rest des Tages im Schatten', beschreibt Mayer. Entgegen der allgemeinen Meinung seien sie keine Sonnentiere. Und welche Namen gibt der Züchter seinen geruhsamen Lieblingen? 'Also Hans oder Otto nicht', lacht Mayer. Er hat seine Tiere beispielsweise nach der Gegend benannt, aus der sie stammen. 'Südfrankreich' und 'Sardinien 2' liegen beispielsweise im Gehege. Und 'Sardinien 1' nagt gerade am Salatkopf. Während der Laien, die gepanzerten Genossen kaum auseinander halten kann, kennt Mayer die genauen Merkmale der Tiere: 'Das ist wie bei einem Bauer, der jede seiner Kühe kennt - ich weiß sofort, wo welche Schildkröte sitzt.'