Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Mit 42 zu alt für die Umschulung

Allgäu

Mit 42 zu alt für die Umschulung

    • |
    • |

    Buchloe/Kempten(ml). - Während Arbeitnehmer nach Vorstellung der Rürup-Kommission am besten erst mit 67 Jahren in Rente gehen sollten, wird ihre Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt mit zunehmendem Alter immer schlechter. Dies erlebte Ludwig Groth aus Buchloe: Der Antrag des 42-Jährigen auf Förderung einer Umschulung zum Speditionskaufmann wurde abgelehnt. Eineinhalb Jahre lang habe er Arbeit gesucht, erklärt Groth - und sich für die unterschiedlichsten Tätigkeiten beworben: 'Vom Gepäck verladen auf dem Flughafen München bis zur Müllabfuhr war alles dabei.' Groth war bis Anfang vergangenen Jahres 22 Jahre als Fahrer im Fern- und Nahverkehr für verschiedene Firmen tätig. Diese Arbeit habe er aber aufgrund des ständig steigenden Drucks in der Branche, die von den Beschäftigten immer längere Fahrzeiten ohne Ruhepausen verlange, nicht mehr ausüben können: 'Ich wollte nicht als Schlagzeile enden, weil ich einen schweren Unfall verursacht habe.' Um seine Möglichkeiten zu verbessern, wollte Groth zum Speditionskaufmann umschulen und bewarb sich auf ein Inserat des Berufsbildungszentrums Augsburg. 'Man sagte mir, dass ich beim Arbeitsamt nachfragen soll, ob es die Kosten übernimmt', erklärt der 42-Jährige. 'Der Berater stellte mir dann am Telefon zwei Möglichkeiten in Aussicht: Wenn die Umschulung auf schulischem Weg über das Berufsbildungszentrum laufen sollte, sei eine Finanzierung ausgeschlossen. Die Begründung: Nach diesen zwei Jahren sei ich 44 - und ob ich da noch eine Anstellung finden würde, sei fraglich.' Wenn er hingegen eine Spedition fände, die ihn für eine zweijährige Kurzlehre einstellt, würde das Amt der Förderung zustimmen, hieß es laut Groth. 'Man fühlt sich minderwertig, wenn man als Arbeitsloser versucht, eine neue Tätigkeit zu finden - und dann bekommt man gesagt, man sei mit 42 zu alt', klagt Groth. Er empfinde Unverständnis und Wut ob der Entscheidung. Groth ist überzeugt, dass die Förderung bei einem 21-Jährigen kein Problem gewesen wäre.

    Helmut Lenzer von der Arbeitsvermittlung und -beratung beim Arbeitsamt Kempten steht voll und ganz hinter dem Vorgehen der Behörde. 'Es ist gängige Praxis, dass wir die aktuelle und voraussichtliche Arbeitsmarktsituation nach der Ausbildung einbeziehen', sagt er. 'Schließlich müssen wir Rechenschaft darüber ablegen, was wir mit unserem Geld tun. Wenn ich im speditionskaufmännischen Bereich eine hohe Zahl von Arbeitslosen habe, ist die Prognose, jemanden in diesem Bereich unterzubringen, eher schlecht.' Natürlich spiele auch das Alter eine wichtige Rolle, so Lenzer weiter. 'Jeder unserer Mitarbeiter muss eine Prognose abgeben, dass der Auszubildende mit mindestens 70-prozentiger Sicherheit einen Arbeitsplatz erreichen kann.' Der Arbeitsmarkt im kaufmännischen Bereich sei aber zurzeit sehr schlecht, 'auch sind Arbeitgeber bei Bewerbern in diesem Alter sehr zurückhaltend'. Die überbetriebliche Ausbildung - etwa in einem Berufsbildungszentrum - werde in derartigen Fällen nicht gefördert, da Arbeitgeber bei einem Azubi im eigenen Betrieb besser einschätzen könnten, ob er geeignet ist und Bewerbern 'von außen' eher reserviert gegenüberstünden. 'Wenn möglich, wird nicht nur abgelehnt, sondern immer auch überlegt, welche Alternativen zu der Umschulung denkbar sind', meint Lenzer. Wenn ein Antragsteller zum Beispiel als Fahrer tätig war und sich im Speditionswesen auskennt, könne er sich eventuell durch Absolvieren des Gabelstaplerscheins und einer zusätzlichen EDV-Schulung als 'Lagerverwalter Speditionswesen' qualifizieren. 'Komplett berufsfremde Alternativen werden immer erst ganz zum Schluss vorgeschlagen.' Ob solche Vorschläge gemacht werden könnten, hänge aber auch immer von der aktuellen Arbeitsmarktlage ab. Laut Ludwig Groth nannte ihm das Arbeitsamt keine Alternativen zur Umschulung. Er habe sich daraufhin in Eigeninitiative weiter beworben und sei mittlerweile als Lagerarbeiter tätig. 2004 will er sich erneut um eine Umschulung bemühen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden