Im Auto hört Klaus Schwärzler Volksmusik - wenn er allein unterwegs ist. Sitzt seine Frau Brigitte neben ihm, schaltet er um auf Klassik, die Musik, von der die Familie lebt. Schwärzler ist Soloschlagzeuger beim renommierten Züricher Tonhalle-Orchester. Und er hat eine Professur an der Musikhochschule Zürich inne. Der Profimusiker, dessen Wurzel die noch immer geliebte und mit der Formation "Alpenblech" auch gepflegte Volksmusik ist, kann von einer abenteuerlichen und steilen Karriere erzählen - die freilich viel Schweiß und Tränen gekostet hat.
Mit seinen 35 Jahren ist der in Oberreute aufgewachsene Klaus Schwärzler eigentlich schon ganz oben angekommen als Berufsmusiker. Dass der Westallgäuer Bauernbub mal dort landen würde, war vor vielen Jahren nicht unbedingt vorherzusehen. Mit sechs hat er angefangen, Akkordeon zu spielen, mit zehn wollte er zur Blaskapelle und hat sich Schlagzeug beigebracht. Erst fünf Jahre später erhielt er Unterricht.
Schwärzlers weiterer Werdegang hat etwas von einer Achterbahn: In Krumbach besuchte er die Musikfachschule, Max Kinker aus Marktoberdorf war sein Lehrer, und als er am Konservatorium in München sein Studium aufnahm, wollte auch er wie Kinker Jazz-Schlagzeuger werden.
Ein Jahr später spielte der junge Allgäuer bei den Münchner Symphonikern vor. "Das war mein erster Kontakt mit symphonischer Musik. Ich kannte so gut wie keine klassische Literatur." Der Erfolg bei diesem Vorspiel zog eine harte Erfahrung für den 21-Jährigen nach sich: "Bei der ersten Probe - wir spielten den Rosenkavalier - hatte ich keine Ahnung, was da passiert. Mit dem, was der Dirigent da machte, konnte ich überhaupt nichts anfangen." Nach der Probe sei er völlig entmutigt heimgegangen. Er besorgte sich die Partitur von Richard Strauss "Rosenkavalier" und kniete sich rein. "Mit viel Einsatz hab ich mich da durchgebissen." Die Stelle bei den Münchner Symphonikern ermöglichte es ihm, sein Studium am Konservatorium und anschließend an der Musikhochschule zu finanzieren.
Eifer, Ernsthaftigkeit, Belastbarkeit und Durchhaltevermögen - mit diesen Eigenschaften hat Klaus Schwärzler immer wieder eine Hürde genommen. Als die härteste Phase erinnert er sich an sein erstes Jahr im Opernhaus Zürich, wo er die Probezeit zu bestehen hatte. "Ich war nicht der Wunschkandidat des Orchesters - und am Schluss stimmen alle über dich ab", umreißt er die Schwierigkeit dieses Starts.
"Die Konkurrenz ist riesig. Es gibt so viele hervorragend ausgebildete Schlagzeuger", sagt er über die Härten seines Berufs. "Aber ich hab nie etwas dem Zufall überlassen, hab mich immer super vorbereitet." Zehn Stunden üben an einem Tag sei da normal - "das kann auch süchtig machen". Vor allem aber: "Sobald du aufhörst, ist es vorbei."
Von 2003 bis 2008 war Klaus Schwärzler Solo-Schlagzeuger im Züricher Opernhaus. 42 Opern hat er gespielt, jährlich 16 Neuinszenierungen einstudiert. "Das war eine Superzeit. Ich habe mit den besten Sängern der Welt gearbeitet und den besten Dirigenten."
Irgendwann aber hatte er genug vom Orchestergraben. "Ich wollte wieder raus auf die Bühne." Die freie Stelle beim Tonhalle-Orchester war die ideale Chance. "Da hab ich mich ein halbes Jahr lang weggesperrt", beschreibt Schwärzler die Vorbereitung auf das Vorspiel bei einem der führenden Klangkörper Europas. Über Hunderte von Instrumenten verfügt der Schlagwerker hier. "Wir haben alles, was es auf der Welt gibt. Von der Kirchenglocke bis hin zum Gartenschlauch und der gestimmten Schreibmaschine." Am 1. Mai ist die Probezeit in eine feste Anstellung übergegangen.
Seit Herbst hat Schwärzler außerdem die Professur für Schlagzeug an der Musikhochschule Zürich - und damit eine Aufgabe, die er sich immer gewünscht hat.
Seine kammermusikalischen Engagements hat Klaus Schwärzler inzwischen deutlich eingeschränkt - bis auf diejenigen mit seinem ehemaligen Professor Peter Sladko. In anderen Orchestern hilft er nicht mehr aus - "Ich will schließlich für meine Studenten da sein." Allein Alpenblech bleibt der vielbeschäftigte Profimusiker treu. "20 Auftritte im Jahr müssen sein". So pflegt der Westallgäuer mit den zwei Wohnsitzen (Zürich und Simmerberg) seine Wurzeln.
Zur Zeit hat das Tonhalle-Orchester Sommerpause. Klaus Schwärzler verbringt ein paar Wochen mit seiner Frau Brigitte und dem fünfjährigen Sohn Lukas in seinem Haus in Simmerberg. Auch hier sitzt er viel im Keller am Schlagzeug, aber er genießt auch die Zeit, mit Lukas Fußball zu spielen oder zu zelten. Ende August beginnt die Saison in Zürich. Schwärzler freut sich darauf. "Wenn ich sechs Wochen keine klassische Musik mache, fehlt sie mir", sagt er. Konzertreisen nach London, Montreux und Edinburgh warten auf ihn - und seine erste Schlagzeugklasse.