Von Jürgen Lutz|Kempten/MagdeburgEs gab Zeiten, da schien die Profi-Karriere von Frank Gerster (31) aus Kempten schon beendet, ehe sie so richtig begonnen hatte. Dem senkrechten Aufstieg beim FC Bayern München unter Trainer Giovanni Trapattoni folgte der senkrechte Abfall bei Eintracht Frankfurt unter Trainer Horst Ehrmanntraut. Drei Jahre saß Gerster auf der hessischen Bank, am Ende nur noch auf der Tribüne. Bundesliga ade, Karriere ade. Fast. Der Allgäuer ließ sich letztlich doch nicht unterkriegen, ging Umwege über die Provinz (Fulda, Emden ) und landete vor eineinhalb Jahren dann beim 1. FC Magdeburg. Zu Zeiten der DDR eine noble Adresse und jetzt fast in die 2. Bundesliga aufgestiegen.
Es war am letzten Spieltag in der Regionalliga Nord. Magdeburg empfing den FC St. Pauli, der schon als Aufsteiger in die 2. Bundesliga feststand. Es war die letzte Minute. Spielstand 1:1. Nur ein Sieg hätte Magdeburg zum Aufstieg gereicht. Der Ball kommt quer auf Gerster. Genau auf seinen starken linken Fuß. Im Training hat er so ein Ding aus gut 20 Metern schon wer weiß wie oft rein genagelt. Auch diesmal lässt der Allgäuer den Ball leicht über den Spann rutschen. Flach und mit Effet. Der Torhüter hätte keine Chance gehabt. Doch der Ball streift um Zentimeter neben dem rechten Pfosten ins Aus.
Unmittelbar nach Gersters Fehlschuss pfeift der Schiedsrichter ab. Gerster sackt in sich zusammen. Bleibt liegen. Ein Häufchen Elend. 'Sieg oder Sibirien', sagt er jetzt humorvoll. Es wurde Sibirien. Nicht mal 20 Zentimeter fehlten. Der ferne Osten blieb ihm aber erspart.
Inzwischen ist er wieder senkrecht und erinnert sich: 'Das war so bitter. So ist Fußball. In der Nacht habe ich schlecht geschlafen.' Das war vor knapp fünf Wochen. In der Zwischenzeit hat er sich gefangen und neue Ziele im Visier. 'Ich bin mit 31 Jahren wieder hungrig nach Fußball geworden', sagt er. Und er will zurück in die Bundesliga, auch wenn es nur die Zweite ist.
'Fünf Jahre kann ich auf diesem Niveau schon noch spielen. Ich will in der Zeit, die mir als Profi bleibt, Spaß haben, erfolgreich sein und die jungen Spieler in der Mannschaft führen.' Gerster ist beliebt und er ist ein Führungsspieler geworden. Die Fans in Magdeburg haben ihn zum 'Spieler der Saison' gewählt.
Der Aufstieg war so nah. 'Das wäre es gewesen. Mit einem Tor in die 2. Liga' Dann verdrängt er die Erinnerung. 'Entweder ich verlängere hier in Magdeburg bis 2010, oder ich wechsle zu einem Verein in die 2. Liga.' Der Umzug wäre schnell bewältigt. Seit er für Magdeburg spielt, wohnt er im Hotel.