Kempten (mr/az). - Am Samstag hat Bayerns Europaminister Eberhard Sinner (CSU) in Kempten die Europawoche 2005 eröffnet. Sie steht unter dem Motto 'Europa in guter Verfassung'. Mit bayernweit mehr als 200 Veranstaltungen von der Podiumsdiskussion bis zur Ausstellung sei die Europawoche ein wichtiges Signal gegen eine allgemeine 'Europa-Müdigkeit' und eine Aufforderung an die europäische Politik zu mehr Bürgernähe, sagte Sinner. Festredner der Veranstaltung war der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel. Die Bürgerferne europäischer Entscheidungen sei eine Gefahr für die Europäische Union, sagte Sinner. Die EU gerate zusehends in schweres Fahrwasser, weil die Menschen nicht rechtzeitig informiert würden. 'Häufig erfahren sie von neuen EU-Vorhaben erst, wenn in Brüssel schon alles abschließend entschieden ist', kritisierte der Europaminister. Als Beispiele nannte er den europäischen Haftbefehl, die Anti-Diskriminierungsrichtlinie und die Feinstaubrichtlinie. Der Bundestag müsse das Forum sein, um europäische Themen frühzeitig an die Menschen in Deutschland heran zu bringen, meinte Sinner. Wichtige EU-Entscheidungen dürften nicht weiter hinter verschlossenen Türen fallen.
'Mittlerweile ist unser Land nur von Freunden umgeben. Wann gab's das in der deutschen Geschichte?', fragte Baden-Württembergs ehemaliger Ministerpräsident Erwin Teufel in seiner Festrede. Die EU ist für Teufel 'eine große Friedensgemeinschaft'. In Deutschland lebe nun die dritte Generation in Folge ohne Krieg. Die 'Errungenschaft Frieden' dürfe man nicht vergessen, auch wenn man zentralistische EU-Bestrebungen ebenso kritisieren müsse wie überbordende Finanzierungskosten der Gemeinschaft, so Teufel. Die Wertegemeinschaft dürfe nicht aufgeweicht werden, auch sei es ein Fehler, den Gottesbezug und die christliche Prägung Europas nicht hinreichend in die Verfassung zu schreiben. In Deutschland, so Teufel, stehe die Mehrheit der Bürger der EU skeptisch gegenüber. Dies sei auch damit zu begründen, dass die EU bisweilen versuche, 'wie eine Kraake alles an zu sich reißen und das Leben der Menschen bis ins kleinste Detail zu regeln'. Europa ist nach Überzeugung des ehemaligen Ministerpräsidenten vor allem dann stark, wenn es nur diejenigen Aufgaben übernehme, welche die einzelnen Mitgliedsstaaten nicht mehr alleine bewältigen könnten. Als Beispiele nannte Teufel die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, aber auch einheitliche Regeln hinsichtlich Währung, Markt und Handel. Kemptens Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer verwies in seinem Grußwort auf die 'guten Beziehungen' Kemptens zu anderen Kommunen und Regionen in Europa. Eine noch intensivere Zusammenarbeit im größeren Maßstab sei nur wünschenswert.