Ganz früher war sie Gang und Gäbe, in den 90er Jahren hat sie ihre Renaissance erlebt - die Milchflasche. "In den vergangenen Jahren verlor sie aber an Beliebtheit", sagt Marcel Mohsmann, Geschäftsführer der "Allgäuland-Käsereien" in Wangen im Allgäu. Inzwischen gebe es nur noch drei oder vier Molkereien in ganz Deutschland, die überhaupt noch in Glasflaschen abfüllen, sagt Mohsmann.
Für Verbraucher Ralf Hartmann aus Heimenkirch (Westallgäu) stirbt mit der Glasflasche jedoch "eine wesentliche Allgäuer Tradition". Er findet, dass nun jede hochwertige Allgäuer Milch aus dem Getränkekarton nur noch wie Discounter-Ware schmeckt.
Wie ihm ist es bereits vielen Kunden aufgefallen: In den Lebensmittelmärkten im Allgäu sind die letzten Milchsorten in der Glasflasche verschwunden. In den Filialen der Lebensmittelkette Feneberg beispielsweise gibt es seit Kurzem nur noch eine letzte Sorte in der Flasche zu kaufen: die "Von Hier Vorzugsmilch". Produkte von beispielsweise "Bergbauern" oder auch "Weihenstephan" finden die Kunden laut Geschäftsführer Hannes Feneberg nur noch in Getränkekartons.
Der Grund: Der Standort Augsburg der "Allgäuland Käsereien", wo neben den eigenen viele Produkte verschiedener Marken bisher abgefüllt wurden, musste Ende Dezember geschlossen werden. Die Abfüllung wurde nach Sonthofen verlegt. Dort werde nun nur noch in Kartons abgefüllt, erklärt Marcel Mohsmann.
"Wir bedauern die Schließung des Betriebes in Augsburg sehr und auch, dass uns damit die Möglichkeit, Milch in Glasflaschen abzufüllen, entfällt", sagt der Allgäuland-Geschäftsführer.
Einige Beschwerden
"Einige Kunden beschweren sich bei uns", bedauert Feneberg, "die Leute wollen die Milch in Flaschen weiterhin, weil sie sich daran gewöhnt haben". Die Gründe dafür seien unterschiedlich. Der eine möge den Komfort des Wiederverschließens, der andere trinke eben gerne aus der Flasche.
"Das Geschmacksempfinden spielt sicher auch eine Rolle", sagt Feneberg. "Ich schmecke zwar keinen Unterschied, aber das ist subjektiv, ein anderer vielleicht schon." Als weiteren möglichen Grund für die Beliebtheit der Flasche sieht Hannes Feneberg die Appetitlichkeit: "Natürlich sieht die Milch in der durchsichtigen Glasflasche lecker aus, aber sinnvoller ist eigentlich der Getränkekarton". Denn darin sei die Milch viel besser vor Lichteinflüssen geschützt, wodurch sich die Nährstoffe länger halten.
Beide Systeme Für und Wider
In Sachen Umweltfreundlichkeit gebe es auf beiden Seiten ein Für und Wider. "Vorteil ist das bepfandete Leergutsystem, Gewicht und Reinigung sind aber Nachteile", sagt Mohsmann.
Den Kunden, die glauben, einen Geschmacksunterschied festzustellen, versichert Mohsmann: "Die Milch, die wir abfüllen, ist genau die gleiche wie vorher. Die Verpackung sollte keine Geschmacksauswirkungen haben. Unsere Experten jedenfalls konnten keine Unterschiede feststellen".
Und sein persönliches Geschmacksempfinden? "Sagen wir es so: Meine Familie meint, den Fettgehalt oder die Wärmebehandlung herauszuschmecken. Das Gefäß aber mit Sicherheit nicht".